EU-Gebäude nach Stefan Zweig benannt

Das Europaparlament würdigt den Schriftsteller und „Paradeeuropäer“.

Brüssel. Wer sich in Europas und Belgiens Hauptstadt dem Europäischen Parlament von der EU-Kommission und dem Ratssekretariat kommend nähert und die Verkehrshölle namens Rue Belliard unbeschadet überquert, findet sich vor einem bisher namenlosen Seitenflügel des hiesigen Parlamentssitzes wieder. Am kommenden Donnerstag erhält dieses Atrium, in dem derzeit die Fraktion der Sozialdemokraten ihre Büros hat, einen illustren Namen – jenen Stefan Zweigs.

„Das war überfällig. Wenn es einen Europäer gab, dann ihn“, sagte der frühere Europaabgeordnete für die SPÖ, Josef Weidenholzer, im Gespräch mit der „Presse“ über diese Entscheidung, die auf seinen Vorschlag zurückging. „Zweig war einer, der schon in den 1930er-Jahren und früher Europa gelebt hat.“ Sein Denken über die politische Lage auf dem Kontinent, das in den posthum veröffentlichten Memoiren „Die Welt von gestern“ Weltrang erhielt, sei „ein Beispiel dafür, dass es damals anders gegangen wäre, wenn der Wille dazu da gewesen wäre“.

Mahnung für die Welt heute

Der Hauptsitz des Parlaments ist in Straßburg, doch die eigentliche parlamentarische Arbeit in den Ausschüssen findet in Brüssel statt. Insofern sei es „wichtig, dass nicht nur Politiker diesen Gebäuden die Namen geben“, sagte der an der Uni Linz emeritierte Professor für Sozialpolitik und frühere Präsident der Volkshilfe.

Ist Zweigs enttäuschte Hoffnung auf eine friedliche Einigung Europas, die ihn 1942 in den Freitod trieb, nicht eher ein Menetekel angesichts der heutigen bedrohlichen Weltlage? „Es ist eine Mahnung. Es kann uns auch so ergehen wie ihm. Wir müssen sehr behutsam mit den Errungenschaften der EU umgehen.“ (GO)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 07.12.2019)

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