England

Chelsea: Transfersperre als heimlicher Segen

Frank Lampard und Fikayo Tomori.
Frank Lampard und Fikayo Tomori.(c) REUTERS (DAVID KLEIN)
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Weil Chelsea wieder Spieler kaufen darf, ist die große Talente-Show in Gefahr.

London. Chelsea verfügt über die derzeit wohl spannendste Mannschaft im Klubfußball. Doch der Verein wurde zu seinem Glück gezwungen. Die Fifa hatte die Londoner im Februar mit einer einjährigen Transfersperre belegt, weil sie 29 minderjährige Talente heimlich an sich gebunden hatten. Im Sommer durfte also auch kein Ersatz für den nach Madrid abgewanderten Starspieler Eden Hazard verpflichtet werden, der Super-GAU für einen Topklub in der gnadenlosen Premier League.

Doch Klub-Ikone und Neo-Coach Frank Lampard machte aus der Not eine Tugend. Er füllte den Kader mit Nachwuchsspielern auf und ließ sie auf dem Platz munter drauflos stürmen. Das Risiko wurde belohnt, Chelsea liegt vor dem Gastspiel bei Everton (13.30 Uhr, live Sky) auf Tabellenplatz vier.

Nun gerät Lampards Erfolgslauf in Gefahr. Am Freitag hob der Internationale Sport-Gerichtshof (CAS) Chelseas Transfersperre auf. Schon im Winter dürfen die Blues wieder neue Spieler verpflichten. Das Geld dafür sollte nach der Zwangspause schon bereitliegen. Was aber passiert mit den bisherigen Erfolgsgaranten? Die englischen Jungprofis Fikayo Tomori, 21, Mason Mount, 22, Tammy Abraham, 22, Callum Hudson-Odoi, 19, und der US-Amerikaner Christian Pulišić, 21, haben sich nicht nur in Rekordzeit zu Schlüsselspielern entwickelt, sie haben dem Klub mit ihrer Spielweise auch viel Sympathie eingebracht. Zuletzt haben sie phasenweise sogar Manchester City an die Wand gespielt (die Guardiola-Truppe gewann glücklich 2:1, verbuchte aber nur 47 Prozent Ballbesitz). Gut möglich, dass der eine oder andere Publikumsliebling nun einem teuren Stars weichen muss.

Plötzlich gemocht

Lampard würde sich und dem Klub damit keinen Gefallen tun. Nach den Milliarden von Roman Abramowitsch und dem wenig anschaulichen Fußball von Trainern wie José Mourinho genießt man an der Stamford Bridge neuerdings den Ruf, eine spektakuläre Talenteschmiede zu sein. Auch die Presse feiert Chelsea, deren Jungstars nun Hoffnungsträger für das Nationalteam und die EM 2020 sind.

Vor allem gehen die Lobeshymnen auf Coach Lampard nieder. Der 41-Jährige weiß, dass Chelseas Erfolg nur anhält, weil er als Vereinslegende den Druck von seiner jungen Mannschaft nimmt. Und auch Lampard wird schon von Zeit zu Zeit gedacht haben: Die Transfersperre war für Chelsea ein heimlicher Segen. (joe)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 07.12.2019)

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