Gesundheit

Impfpflicht für Masern? Parteien sind gespalten

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Sollen Eltern gezwungen werden, ihre Kinder zu impfen? Die Landeschefs Johanna Mikl-Leitner und Hermann Schützenhöfer finden: ja. In der ÖVP gibt es keine klare Linie – wie auch in anderen Parteien.

Wien. Die steigende Zahl an Masernfällen bringt die Diskussion über die Einführung einer Impfpflicht in Österreich neuerlich aufs Tapet. Niederösterreichs Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner und Steiermarks Landeschef Hermann Schützenhöfer (beide ÖVP) sprachen sich in den Nachrichten auf Ö1 am Freitagmorgen klar dafür aus.

„Masern können lebensgefährlich sein und deshalb trete ich auch für eine verpflichtende Masernimpfung ein“, sagt Mikl-Leitner. Amtskollege Schützenhöfer pflichtet ihr bei: „Wir haben geglaubt, das ist überwunden. Es ist nicht überwunden, daher bin ich ganz deutlich für eine Impfpflicht.“ Denkbar sei eine solche durch eine Verankerung im Mutter-Kind-Pass. Dort könne die Impfpflicht festgeschrieben werden.

Neu ist die Idee nicht: Damit sind die ÖVP-Gesundheitslandesräte aus Oberösterreich, Steiermark, Tirol, Vorarlberg und Niederösterreich im Mai dieses Jahres schon einmal auf politischer Ebene gescheitert. Innerhalb der ÖVP gibt es keine klare Linie zu dem Thema: Skeptisch bezüglich einer Impfpflicht äußerte sich das Büro von Salzburgs ÖVP-Landeshauptmann Wilfried Haslauer. Das Land wolle mehr auf Aufklärung, Überzeugungsarbeit und positive Anreizsysteme setzen.

Auch in der SPÖ ist man skeptisch, aber nicht überall ablehnend: Burgenlands Landeshauptmann Hans Peter Doskozil pflichtet der Position seiner Amtskollegen aus Niederösterreich und der Steiermark grundsätzlich bei: Selbstverständlich gelte es zunächst, alle Möglichkeiten der Aufklärung und Information auszuschöpfen, um die Durchimpfungsrate zu erhöhen. „Sollte das aber nicht reichen, ist eine Impfpflicht sinnvoll und notwendig, weil es um den Schutz von Kindern geht“, hieß es aus dem Büro des Landeshauptmanns. Doskozil trete jedenfalls dafür ein, eine einheitliche Länderposition zu erarbeiten. Er schlage daher vor, diese Frage zum Thema der nächsten Landeshauptleute-Konferenz zu machen.

Wiener Stadtrat Hacker ist dagegen

Andere Vertreter der SPÖ-regierten Länder können der Pflicht nichts abgewinnen: Der Wiener Gesundheitsstadtrat Peter Hacker wiederholte seine Position, dass er nichts von „Zwangs- und Strafsystemen“ halte. Er sei jedenfalls dagegen, solang nicht alle zur Verfügung stehenden Maßnahmen ausgeschöpft würden, die Masernimpfung zu bewerben. In Sachen Bewusstseinsbildung gebe es nämlich noch „Luft nach oben“. In Wien gibt es lediglich für Gesundheitsberufe entsprechende Regelungen. Personen, die neu im Krankenanstaltenverbund angestellt werden, müssen etwa seit 2017 auch gegen Masern geimpft sein.

Auch Kärntens Gesundheitsreferentin Beate Prettner (SPÖ) bleibe dabei, dass sie gegen eine allgemeine Impfpflicht bei Masern sei, sagte eine Sprecherin am Freitag. Man setze stattdessen auf Aufklärung.

Die FPÖ lehnt eine Impfpflicht ebenfalls ab. Gesundheitssprecher Gerhard Kaniak könnte sich eine andere Lösung vorstellen: Eine Koppelung an Sozialleistungen und ein Ausbau des Mutter-Kind-Passes in einen Jugendpass mit einer Erweiterung des Gratisimpfprogramms. „Mit Zwängen wird man hier kein Stück weiterkommen.“ Die Grünen können sich laut Vize-Klubchefin Sigrid Maurer eine Impfpflicht allenfalls „in allerletzter Konsequenz bei besonders gefährlichen Krankheiten“ vorstellen. „Grundsätzlich ist natürlich das Allerwichtigste die Aufklärung“ über Impfungen.

Und die Neos? „Wenn Eltern ihr Kind partout nicht impfen lassen wollen, wird auch eine Impfpflicht nichts nützen“, sagt Gesundheitssprecher Gerald Loacker. Parteichefin Beate Meinl-Reisinger hatte im Interview mit der „Presse am Sonntag“ im Mai noch zu dem Thema gesagt: „Es gibt genug andere Maßnahmen, aber diese müssen wir schleunigst umsetzen. Wenn sie nicht greifen, muss man vielleicht auch Sanktionen andenken.“ (red./APA)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 07.12.2019)

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