Schöpfer von Musikstücken gelten unter Technologiegläubigen bereits als ersetzbar.
Künstliche Intelligenz

Roboter, mach Beethoven fertig!

Ein Algorithmus „komplettiert“ die 10. Symphonie. Huawei vergriff sich an Schuberts Unvollendeter. Warum darf nichts Fragment bleiben, auch in der Literatur?

Erbarmen!“, schrieb Gustav Mahler neben die Noten seiner 10. Symphonie. Der herzkranke, von Todesangst geplagte Komponist konnte nur noch den ersten Satz fertigstellen. Seine Witwe Alma bat reihum die Kollegen Schönberg, Webern, Berg und Schostakowitsch, das Werk zu Ende zu komponieren. Alle lehnten ab, sie empfanden das als Anmaßung. Schönberg erinnerte in einer Rede an jene, die über neun Symphonien nicht hinausgekommen waren: Beethoven, Schubert, Bruckner. „Die eine Neunte geschrieben haben, standen dem Jenseits zu nahe. Vielleicht wären die Rätsel dieser Welt gelöst, wenn einer von denen, die sie wissen, die Zehnte schriebe.“

Jetzt aber ist es vorbei mit Ehrfurcht, Mysterium und Metaphysik. Brauchen wir nicht mehr, wir haben ja künstliche Intelligenz. Ein Computer komponiert Beethovens Zehnte zu Ende, gesponsort von der Deutschen Telekom. Den letzten Schliff gibt der österreichische Musikproduzent Walter Werzowa, der in den USA Werbejingles und Filmmusik schreibt und einst mit dem derben Hüttenhit „Bring me Edelweiß“ Erfolge feierte. Der Algorithmus wird seit dem Sommer mit Stücken von Beethoven und seinen Zeitgenossen gefüttert, er lernt laufend dazu. Das Ergebnis wird im April in Bonn zu hören sein, im Rahmen der Feiern zum 250. Geburtstag des Meisters. Von der Vollendung einer Unvollendeten zu sprechen, ist hier weit kecker als bei Mahler. Dessen letztes Werk war als Rohfassung schon weit gediehen. Der späte Versuch einer Komplettierung durch Deryck Cooke hat einigen Anspruch, ihm gerecht zu werden. Beethoven hingegen hat sich nie wirklich an die Arbeit zu einer Zehnten gemacht, die späten Streichquartette waren ihm wichtiger. Was vorliegt, sind verstreute Skizzen, mehr zu einem ersten Satz (der schon von einem analogen Musikwissenschaftler spekulativ ergänzt wurde), wenig zu den restlichen.

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