Asyl

Wie der Bundespräsident eine Abschiebung stoppte

Die Abschiebung eines 22-jährigen Afghanen, der im niederösterreichischen Langenlois lebte, wurde im letzten Moment gestoppt. Mithilfe einer Flüchtlingsinitiative, Ordensschwestern und des Bundespräsidenten.

Es dürften dramatische Stunden in Langenlois gewesen sein: Ein 22-jähriger Flüchtling aus Afghanistan, der in der niederösterreichischen Gemeinde in einem Kloster ein neues Zuhause gefunden hatte, sollte abgeschoben werden. Den ganzen Montag über versuchten Ordensschwestern, die Flüchtlingsinitiative Langenlois und Mitschüler des Afghanen diese zu verhindern. Sie richteten ihre Appelle an Politiker und die Kirche  - und wurden schließlich gehört: Am späten Montagabend wurde die Abschiebung gestoppt - offenbar auch mit Hilfe des Bundespräsidenten, wie der „Kurier“ berichtet. Dieser würde Gesetze nach Lust und Laune biegen, kritisiert nun die FPÖ.

Ziaulrahman Zaland - von seinen Freunden „Zia“ genannt - kam laut Kathpress im August 2015 nach Langenlois. Seit 2017 wohnte er in dem Kloster, wurde von den Ordensschwestern betreut und machte an der Fachschule für Sozialberufe der Franziskanerinnen eine Ausbildung zum Krankenpfleger, die er nächsten Sommer abschließen sollte.

Obwohl er in Langenlois gut integriert war, bekam Zaland einen negativen Asylbescheid. Vergangene Samstagnacht wurde er von sieben Polizisten aus dem Kloster abgeholt und in das Polizeianhaltezentrum in der Wiener Rossauer Lände gebracht. Von dort aus sollte er bereits in der Nacht auf Dienstag in seine Heimat abgeschoben werden. Es sei dramatisch gewesen, heißt es von der Flüchtlingsinitiative Langenlois. Zaland habe gefordert, sofort erschossen zu werden, weil er nicht daran glaube, auch nur einen Tag in Afghanistan zu überleben. 

Genug „innerstaatliche Fluchtmöglichkeiten"

Dort drohe dem jungen Mann Verfolgung, betonte Charlotte Ennser von der Flüchtlingsinitiative. Zaland habe fliehen müssen, weil er "für das Militär gearbeitet und mit den Taliban in Konflikt geraten war". Sein Asylantrag wurde Ennser zufolge jedoch mit der Begründung abgelehnt, dass er in seiner Heimat genug "innerstaatliche Fluchtmöglichkeiten" habe.

Schon am Sonntag wurde in Langenlois eine Krisensitzung abgehalten und ein Brief verfasst. Nicht nur die Ordensschwestern und die Flüchtlingshelfer, sondern auch der Langenloiser Bürgermeister Harald Leopold (ÖVP) unterzeichneten das Schreiben an Bundespräsidenten Alexander Van der Bellen, Innenminister Wolfgang Peschorn, Niederösterreichs Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner (ÖVP) und mehrere "kirchliche Amtsträger“.

Eine Antwort kam vom Bundespräsidenten. Van der Bellen befürworte die lokale Initiative, hieß es. Er wolle sich gemeinsam mit dem Innenminister für die Sache einsetzen. Dann habe die Flüchtlingshilfe jedoch nichts mehr gehört.

Den ganzen Montag über wurde gezittert in Langenlois, die Mitschüler von Zaland gingen gemeinsam mit den Ordensschwestern auf die Straße. Auch Christian Konrad und Ferry Maier, Initiatoren der Allianz Menschen.Würde.Österreich, schalteten sich ein und appellierten an die Politik, Abschiebungen von voll integrierten Menschen wie Zaland auszusetzen. 

Anruf aus Präsidentschaftskanzlei

Gegen 21 Uhr am Montagabend erreichte die Flüchtlingsinitiative dann ein Anruf - direkt aus der Präsidentschaftskanzlei. Die Abschiebung sei vorerst aufgehoben. Zaland wurde noch in der Nacht auf Dienstag aus dem Anhaltezentrum entlassen. Das gab die Flüchtlingsinitiative Montagabend auf Facebook bekannt. Seit Dienstagfrüh ist der 22-Jährige wieder im Kloster. Er dürfe vorerst in Österreich bleiben, müsse sich aber nun regelmäßig bei der Polizei in Langenlois melden. Dies gelte als "gelinderes Mittel" bis zur "endgültigen Klärung der Rechtslage", hieß es von der Flüchtlingsinitiative Langenlois.

Was genau den Ausschlag gab, den jungen Mann doch nicht abzuschieben, war Dienstagfrüh noch nicht bekannt. Wie der ORF berichtet, ist die Hoffnung des Anwalts von Zaland, dass sein Mandant unter die neue Regelung fällt, wonach Asylwerber ihre Lehre in Österreich abschließen können.

Die Flüchtlingsinitiative dankte Van der Bellen, "der sich so für Zia eingesetzt hat" - aber auch allen anderen Unterstützern von den Mitschülern über Politiker bis zu den Klosterschwestern. Auch der Pressesprecher des Bundespräsidenten bestätigte im „Kurier“ eine Involvierung des Bundespräsidenten. Es habe mit dem Innenminister "Gespräche im Hintergrund“ gegeben. Das sei aber nichts ungewöhnliches, hieß es.

FPÖ kritisiert Van der Bellen und Peschorn

Empört zeigte sich am Dienstag FPÖ-Klubobmann Herbert Kickl. Er kritisierte die "Willkürentscheidung des Innenministeriums nach öffentlichem Druck“, wonach das geltende Asylgesetz nicht durchgesetzt werde. Er kündigte eine parlamentarische Anfrage an, mit der man den Gründen für den plötzlichen Sinneswandel der Behörden auf den Grund gehen werde. Kritik kam auch von Kickls niederösterreichischen Kollegen: Der in allen Instanzen negativ beschiedene Afghane müsse abgeschoben werden, forderte der FPÖ-Landeschef Udo Landbauer. Die FPÖ würden in dem Fall "alle politischen und wenn nötig rechtlichen Wege beschreiten". Auch Landesrat Waldhäusl meinte, dass Bundespräsident Van der Bellen und Innenminister Peschorn „die Gesetze nach Lust und Laune“ biegen würden, obwohl unabhängige Gerichte anders entschieden hätten.

>> Bericht des „Kurier"

>> Bericht auf orf.at

Der Artikel wurde um 11:40 aktualisiert.

(twi/APA)

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