Rauchverbot: Chaos in Gastronomie

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Ab 1.Juli müssen Lokale über 50 Quadratmeter einen abgetrennten Raucherraum haben. Österreichweit sind rund 12.000 Betriebe von einem Umbau betroffen. In Wien erfüllen erst 20 Prozent die Vorgabe.

Wien. Das Chaos ist perfekt. In zweieinhalb Wochen läuft die Frist für gastronomische Lokale ab, einen getrennten Raucherbereich einzurichten. Aber: In Wien haben erst 20 Prozent der rund 1500 betroffenen Gastrobetriebe – das sind jene mit einer Größe von über 50 Quadratmetern – den gesetzlich geforderten Umbau schon vollzogen.

Die Notlösung, mit der sich Gastronomen jetzt zumindest bis in den Herbst eine Atempause verschaffen wollen: Falls der Wirt einen Schanigarten hat, kann er seinen Betrieb als ein Nichtraucherlokal führen, seine Gäste draußen rauchen lassen und währenddessen drinnen umbauen – oder weiter untätig auf einen Schwenk der Politik hoffen. Einige Lokalbetreiber hätten eben „gegambelt“, gesteht Wilhelm Turecek, Obmann der Sparte Gastronomie bei der Wirtschaftskammer Wien, offen ein.

Der Hintergrund: Viele Gastronomen haben deshalb bisher die gesetzlich vorgeschriebenen Umbauten aufgeschoben, weil sie damit spekulieren, dass es doch noch zu einem generellen Rauchverbot kommen könnte. Einen teuren Umbau hätten sie sich somit ersparen wollen. Dabei hat Gesundheitsminister Alois Stöger einem generellen Rauchverbot öffentlich mehrfach klar eine Absage erteilt – allerdings viel zu spät, wenden Kritiker ein.

Enttäuschte Hoffnung

Darüber hinaus gaben sich viele Gastronomen offenbar der Illusion hin, dass ihnen, wenn schon Österreichs Politik untätig bleibt, wenigstens Brüssel eine Entscheidung bzw. einen Umbau ersparen könnte. Mehrmals hatte es zuletzt in der EU vor allem aus Gründen des Arbeitnehmerschutzes Vorstöße für ein allgemeines Rauchverbot in gastronomischen Betrieben gegeben. Eine Entscheidung aber, tatsächlich ein generelles EU-weites Rauchverbot zu verhängen, ist derzeit nicht absehbar.

Aus Minister Stögers Büro heißt es in Richtung der säumigen Gastronomen: Für den Umbau hätten sie insgesamt eineinhalb Jahre Zeit gehabt, das Inkrafttreten des Gesetzes sei daher keine „überfallsartige Änderung“. Österreichweit sind rund 12.000 Betriebe von einem Umbau betroffen. Niemand weiß aber, wie viele von ihnen mittlerweile bereits rauchfreie Räume geschaffen haben. Helmut Hinterleitner, Obmann der Sparte Gastronomie bei der Wirtschaftskammer Österreich (WKÖ), kann nur sagen, dass man unter den Pflichtmitgliedern zurzeit eine Umfrage zu diesem Thema durchführe. Der Gesundheitsminister hat seine „österreichische Lösung“ für das Rauchen in Lokalen gegen Kritik stets verteidigt und versucht, seinen Weg mit Umfragen zu untermauern. Nach einer (von ihm selbst in Auftrag gegebenen) Ifes-Umfrage sind 70 Prozent der Österreicher für räumliche Trennung in Lokalen und nur 19 Prozent für ein allgemeines Rauchverbot.

10.000 Euro Strafe

Der Zwist zwischen Gesundheitsminister und Lokalbetreibern konnte dadurch nicht beigelegt werden. Auch was Förderungen betrifft, war die Kommunikation schlecht. Denn viele Wirte haben erst nach Umbau eine Förderung im Rahmen der „Nahversorgungsaktion“ beantragt, sagt Turecek; Gefördert wird aber nur, wenn vor dem Umbau beantragt wird.

Zudem herrschte bis zuletzt Unklarheit darüber, ob überhaupt kontrolliert wird. Aus dem Büro Stögers heißt es, dass auf Bundesebene alles geregelt sei und nun die Magistrate und Bezirkshauptmannschaften am Zug seien; diese sind für die Kontrollen zuständig. Groß angelegte Aktionen ohne Anlassfall wird es allerdings nach heutigem Stand nicht geben. Das heißt: Die Magistrate und Bezirkshauptmannschaften wollen lediglich auf Anzeigen reagieren.

Bei den Kontrollinstanzen bereitet man sich auf eine Flut von Anzeigen vor. In Wien ist die Magistratsabteilung (MA) 11 zuständig. Renate Mohr, Bezirksamtsleiterin der MA 11, sagt, dass bei Einführung des Rauchverbots 2009 „eine Unzahl von Anzeigen“ bearbeitet werden musste; man erwarte ab Juli eine ähnliche Flut. Zumindest was die Aufstockung des Personals betrifft, sei man gewappnet. Den Wirten drohen zunächst 2000 Euro Strafe. Im Wiederholungsfall sind es 10.000 Euro.

AUF EINEN BLICK

Rauchverbot.
Ab 1.Juli müssen alle Lokale über 50 Quadratmeter einen abgetrennten Raucherraum haben. Bei kleineren Lokalen kann der Wirt entscheiden, ob er ein Raucherlokal führt oder nicht.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 15.06.2010)


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