Proteste

In Algerien kocht der Volkszorn: "Gaid Salah, vergiss die Wahl"

Nach dem Rücktritt von Langzeitpräsident Bouteflika im April will der Militärchef am Donnerstag einen möglichst gefügigen Nachfolger wählen lassen. Doch die Bevölkerung rebelliert gegen die korrupte Regime-Elite.

Ausgelassen tanzen die Männer um den lockigen Mandolinenspieler herum. „Die sind erledigt, die kommen nicht mehr zurück“, singen sie auf dem Bürgersteig der Rue Didouche Mourad im Herzen von Algier. „Die gehören alle ins Gefängnis“, ertönt als nächster Refrain, während mit martialischem Gehupe und Motorengeheul einer der zahlreichen derzeit überall in Algier postierten blauen Polizeikovois mit Wasserwerfer und Mannschaftswagen vorbeirauscht - in Richtung Große Post, dem Wahrzeichen der Hauptstadt und Zentrum der Massenproteste.

An vielen Stellen der nahöstlichen Welt kocht derzeit der Volkszorn hoch gegen die korrupten Regime-Eliten. Den längsten Atem zeigten bisher die Algerier, die mittlerweile bei Protestwoche 43 angekommen sind. „Wir hören nicht auf“, skandieren die Demonstranten seit dem Beginn ihres friedlichen Aufbegehrens am 22. Februar 2019.

»Auf den Müll mit den Generälen.«

Die Menschen pochen auf demokratische Reformen, die das korrupte Machtsystem von Grund auf umkrempeln und das anonyme Dickicht aus Politik, Militär und Geheimdienst, in Algerien nur „Le Pouvoir“, genannt, lichten sollen. Dann erst wollen die Bürger einen Nachfolger für den 82-jährigen Abdelaziz Bouteflika bestimmen, den sie im April zum Rücktritt zwangen. Dem Diktat des 79-jährigen Armeechefs Ahmed Gaid Salah wollen sie sich nicht beugen, der am Donnerstag einen neuen, dem Militär möglichst gefügigen Präsidenten wählen lassen will. „Gaid Salah, vergiss die Wahl“ und „auf den Müll mit den Generälen“, skandierten die Bürger auch am Vortag des Urnengangs.

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