Rohingya

Suu Kyi weist Völkermord-Vorwürfe gegen Myanmar zurück

APA/AFP/ANP/KOEN VAN WEEL
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In Den Haag verteidigt sich die umstrittene Friedensnobelpreisträgerin wegen der Gewalt gegen die muslimische Minderheit der Rohingya. Der Prozess gegen ihr Land sei „irreführend“.

Völkermord an der muslimischen Minderheit der Rohingya. So lautet der Vorwurf gegen Myanmar (Burma) vor dem Internationalen Strafgerichtshof in Den Haag. Friedensnobelpreisträgerin und De-Facto-Regierungschefin Aung San Suu Kyi wies die Anschuldigungen am Mittwoch vor den 17 Richtern des UN-Schiedsgerichts zurück. Die Anklage habe ein "unvollständiges und irreführendes" Bild von der tatsächlichen Lage im Bundesstaat Rakhine gezeichnet.

Mehrere Massenvertreibungen während der Balkan-Kriege in den 1990er Jahren seien nicht als Völkermord behandelt worden, argumentierte die Friedensnobelpreisträgerin in ihrer Aussage weiter. Die internationale Justiz habe der Versuchung widerstanden, diese legale Bewertung anzuwenden, denn die Absicht, die betroffene Gruppe als ganze oder teilweise zu zerstören, sei nicht gegeben gewesen.

Der westafrikanische Staat Gambia hatte im Namen der 57 Mitgliedstaaten der Organisation für Islamische Zusammenarbeit vor dem Internationalen Gerichtshof den Vorwurf erhoben, dass Myanmars Streitkräfte mit ihrem Vorgehen gegen die muslimische Minderheit der Rohingya 2017 gegen die UN-Völkermordkonvention von 1948 verstoßen haben.

Soldaten des südasiatischen Staates sollen laut UN-Berichten Tausende Rohingya im Bundesstaat Rakhine ermordet, Frauen und Kinder vergewaltigt, Dörfer dem Erdboden gleichgemacht und Menschen lebendig in ihren Häusern verbrannt haben.

Suu Kyi wollte ihr Land selbst verteidigen

Die Probleme im Bundesstaat Rakhine, in dem die Rohingya leben, reichten Jahrhunderte zurück, sagte Suu Kyi vor dem höchsten UN-Gericht. Die Soldaten hätten im August 2017 auf Angriffe bewaffneter örtlicher Gruppen reagiert. Es könne nicht ausgeschlossen werden, dass sie dabei unangemessene Gewalt eingesetzt hätten. Die "Absicht eines Völkermordes" könne aber nicht die einzige Hypothese im komplexen Fall Myanmar sein. "Wir haben es mit einem internen bewaffneten Konflikt zu tun, der von der Rohingya-Armee begonnen wurde."

Der Internationale Strafgerichtshof (IStGH) hatte Ermittlungen zu möglichen Verbrechen gegen die Rohingya in Myanmar Mitte November zugestimmt. Es gebe "eine glaubwürdige Basis" für die Annahme, dass "weit verbreitete und/oder systematische Gewaltakte" begangen worden seien, die als Verbrechen gegen die Menschlichkeit eingestuft werden könnten, hieß es zur Begründung. Die UN werfen dem Militär eine Kampagne gegen die Rohingya mit "genozidaler Absicht" vor.

Es ist auffällig, dass Aung San Suu Kyi selbst ihr Land verteidigen will. Dazu wäre sie nicht verpflichtet. Vor 28 Jahren hatte sie den Friedensnobelpreis bekommen für ihren gewaltlosen Widerstand gegen Unterdrückung in ihrem Land durch das damalige diktatorische Militärregime. Weil sie sich bisher geweigert hatte, die Gewalt gegen die Rohingya zu verurteilen, waren ihr bereits mehrere internationale Auszeichnungen entzogen worden.

Gambia will einstweilige Verfügung erwirken

Das UNO-Gericht soll nach dem Willen Gambias und der OIC eine einstweiligen Verfügung gegen Myanmar erlassen, um die noch in dem Land verbleibenden rund 600.000 Rohingya zu schützen. Nach der auf drei Tage angesetzten Anhörung wird das Gericht beraten. Ein Urteil wird in wenigen Wochen erwartet. Das Hauptverfahren gegen Myanmar kann mehrere Jahre dauern. Urteile des Internationalen Gerichtshofs sind bindend.

(APA/Reuters)

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