Slowakei: Fico auf aussichtsloser Partnersuche

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Nur die stark geschrumpften Nationalisten wollen mit dem Wahlsieger koalieren. Die Verluste seiner bisherigen Partner konnte auch Ficos fast sechsprozentiger Stimmenzuwachs nicht ausgleichen.

BRATISLAVA. Als „geradezu unanständig“ hätte er es empfunden, nicht traditionsgemäß den Führer der stärksten Partei mit der Regierungsbildung zu beauftragen, erklärte der slowakische Staatspräsident Ivan Gašparovič am Montag. Und so darf Noch-Premier Robert Fico zumindest der Form halber mit offiziellem Auftrag versuchen, Partner für seine Partei Smer-Sozialdemokratie zur Bildung einer neuen Regierung zu finden.

Gašparovič setzte Fico allerdings eine Frist: Nur bis Mittwoch kommender Woche hat er Zeit für seinen im Moment aussichtslos erscheinenden Versuch, vielleicht doch noch einen Partner aus dem gegnerischen Lager für sich zu gewinnen. Dann sind wohl die an der Reihe, denen es gelingen sollte, die nächste Regierung zu bilden: Vier bisher oppositionelle Mitte-rechts-Parteien kündigten bereits am Sonntag an, inoffizielle Verhandlungen für eine gemeinsame Regierung ohne die sozialdemokratische Smer zu beginnen.

Mit Fico wollten sie nicht einmal über eine Regierungsbildung reden, legten sich die vier bürgerlichen Parteien fest. Worauf Noch-Kulturminister und Smer-Vizeparteichef Marek Mad'arič ätzte: Die geschlossene Gesprächsverweigerung gegenüber seiner Partei zeige, dass sich die vier Partner gegenseitig nicht über den Weg trauen würden. Offenbar hätten sie alle Angst, dass ein jeweils anderer im Gespräch mit Fico doch noch „umfallen“ könnte.

Iveta Radičová ziert sich noch

Gemeinsam kamen die vier Oppositionsparteien am Samstag auf eine überraschende Mehrheit von 79 der 150 Abgeordneten. Nur die minderheitenfeindliche Nationalpartei SNS, die Fico wegen ständiger Korruptionsskandale längst schon loswerden wollte, dient sich ihm unterwürfig für eine neuerliche Partnerschaft an. Doch die Nationalisten sind von den Wählern von zwölf auf fünf Prozent abgestraft worden. Der dritte Partner, die rechtspopulistische Bewegung für eine Demokratische Slowakei des dreifachen Ex-Premiers Vladimír Mečiar flog überhaupt aus dem Parlament.

Die Verluste seiner bisherigen Partner konnte auch Ficos fast sechsprozentiger Stimmenzuwachs nicht ausgleichen. Dass somit die Weichen für die Soziologieprofessorin und Ex-Sozialministerin Iveta Radičová als erste weibliche Premierministerin gestellt sind, steht für Beobachter fest. Nur Radičová selbst will das noch nicht so sehen: Diese Frage komme noch „viel zu früh“.

Parteichef der von Radičová in die Wahl geführten Slowakischen Demokratischen und Christlichen Union SDKU ist nach wie vor Ex-Premier Mikuláš Dzurinda. Im zersplitterten Mitte-rechts-Lager gilt Radičová als die einzige Führungspersönlichkeit, die mit allen anderen ein gutes Gesprächsklima hat.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 15.06.2010)

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