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Schweiz: Grüne können trotz massiver Wahlgewinne nicht in die Regierung

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Die Grünen hätten an sich Anspruch auf ein Regierungsmitglied im Parlament - wenn da nur nicht eine Sperrklausel wäre, die plötzliche politische Höhenflieger vorerst hemmt.

Die Schweizer Grünen bekommen trotz ihres fulminanten Zugewinns bei der Parlamentswahl am 20. Oktober vorerst keinen Platz in der Regierung. Sie hätten als jetzt viertstärkste Partei zwar theoretisch einen Anspruch auf einen der sieben Sitze im Bundesrat, also der Schweizer Regierung. Aber Grünenpräsidentin Regula Rytz scheiterte am Mittwoch bei der Wahl im Parlament.

Die Abgeordneten beider Kammern (Ständerat und Nationalrat) der Bundesversammlung in Bern bestätigten die sieben Amtsinhaber. Damit bleibt trotz Verlusten der vier bisher im Bundesrat vertretenen Parteien alles beim Alten: Bestätigt wurden Finanzminister Ueli Maurer und Wirtschaftsminister Guy Parmelin (beide Schweizer Volkspartei, SVP), Innenminister Alain Berset und Umweltministerin Simonetta Sommaruga (beide Sozialdemokraten, SP), Außenminister Ignazio Cassis und Justizministerin Karin Keller-Sutter (Freisinnig-Demokratische Partei, FDP) und Verteidigungsministerin Viola Amherd (Christlichdemokratische Volkspartei, CVP).

Die SVP blieb nach der Wahl zwar stärkste Partei, verlor aber die meisten Stimmen und Sitze und kam auf 25,6 Prozent (minus 3,8). Die Sozialdemokraten kamen auf 16,8 Prozent, die Liberalen auf 15,1 Prozent, die CVP auf 11,4 Prozent. Die Grünen hingegen legten um 6,1 Punkte auf 13,2 Prozent zu. Um immerhin 3,2 Punkte auf 7,8 Prozent kletterte auch die gedanklich ähnliche Grün-Liberale Partei GLP, die Umweltthemen allerdings mit liberaler Wirtschaftspolitik verbindet.

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In der Schweiz erschwert das traditionelle, auf Stabilität fixierte System der Regierungsbildung die Teilhabe jäh stark wachsender politischer Gruppen. Gemäß der sogenannten „Zauberformel" wählt die Bundesversammlung die sieben Regierungsmitglieder, und zwar so, dass die vier wählerstärksten Parteien darin vertreten sind. Daher hätten die Grünen als viertstärkste Kraft grundsätzlich berücksichtigt werden müssen, nur: Es ist gleichzeitig Usus, dass eine Partei bei zwei Wahlen nacheinander Gewinne vorweisen muss, ehe sie eine Chance auf einen Sitz im Bundesrat hat. Man will damit die gesellschaftliche Signifikanz einzelner Ausreißer moderieren.

Klar sinkende Tendenz

Die Grünen waren bei der zuvor letzten Wahl 2015 auf fast genau sieben Prozent gekommen, 2011 aber auf 8,44% und 2007 auf 9,6%, hatten also eine sinkende Langzeit-Tendenz hinter sich. Ein einmaliger Höhenflug kann daran regierungsbildungstechnisch nichts ändern.

(DPA/Reuters/wg)

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