Ein Recht auf ein faires Verfahren und Schutz vor Willkür, die in Afghanistan droht, haben nicht nur „Vorzeigeflüchtlinge“, sondern alle.
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Zum Beispiel Samir. Zweimal war die Polizei schon da, um den 36-Jährigen aus dem niederösterreichischen Dorf zu holen, in dem er seit 2015 lebt. Sie konnten ihn nicht mitnehmen, weil er nicht an seinem Wohnort war. Es ist aber nur eine Frage der Zeit, bis sie ihn finden: Sein Antrag auf humanitäres Bleiberecht wurde im November abgelehnt. Früher oder später wird er abgeschoben werden, nach Afghanistan, ein Land, in dem er noch nie gelebt hat.
Samir, der eigentlich anders heißt, ist Hazara, im Iran geboren und aufgewachsen. Die Hazara sind eine schiitische Minderheit, die im sunnitischen Afghanistan verfolgt werden. Im ebenfalls schiitischen Iran, in dem rund zwei Millionen Afghanen, großteils Hazara, leben, geht es ihnen kaum besser: Dort betrieb Samir zwar ein Geschäft, aber nicht legal, weil er als Flüchtling keine Arbeitsgenehmigung hatte. Er lieh sich Geld, doch weil er als Hazara keinen Kredit bei einer Bank aufnehmen durfte, war er auf mafiöse Kredithändler angewiesen. Die Wirtschaftslage verschlechterte sich, Samir konnte nicht zurückzahlen. Die Kredithändler stellten ihn vor die Wahl: Wenn er nicht zahlte, würden sie ihn als Söldner nach Syrien schicken – oder ermorden. Samir tauchte mit seiner Frau und den drei Kindern unter, 2015 floh er nach Österreich.