Wohnen

Mehr bauen oder lieber Mieten deckeln?

Wien habe ein Angebotsproblem, die Bevölkerung wachse schneller als der Wohnungsbestand, stellt Agenda-Austria-Experte Hanno Lorenz fest.
Wien habe ein Angebotsproblem, die Bevölkerung wachse schneller als der Wohnungsbestand, stellt Agenda-Austria-Experte Hanno Lorenz fest. (c) imago images / SKATA
  • Drucken

In Wien gibt es zu wenige Wohnungen, meint die Agenda Austria. Mietpreisbremsen helfen da gar nicht.

Wien. Seit 2005 sind die Nettomieten in Wien um 64 Prozent gestiegen, mehr als doppelt so stark wie die allgemeine Teuerung. Zwar sind die Wohnungen heute auch hochwertiger und moderner ausgestattet als vor 14 Jahren. Doch selbst wenn man das berücksichtigt, ergibt sich ein Anstieg von mehr als 50 Prozent, wie aus Daten der Oesterreichischen Nationalbank hervorgeht.

Wer nun glaubt, dass sich mit Vermieten mehr Geld verdienen lässt als 2005, irrt jedoch: Die Preise für Eigenheime haben sich im gleichen Zeitraum mehr als verdoppelt. Und wie eine Deloitte-Studie aus dem Jahr 2017 zeigt, gibt es nur wenige Großstädte, in denen sich Vermieten so wenig rechnet wie in Wien: Die jährliche Rendite liegt in der österreichischen Bundeshauptstadt bei 2,8 Prozent. Zum Vergleich: In Berlin und in Rom sind es 4,8 Prozent, in Budapest knapp acht Prozent.

Doch warum ist das so? Und welchen Ausweg gibt es aus dieser Situation? Nicht nur in Deutschland, auch hierzulande werden immer mehr Rufe nach Mietpreisbremsen laut. Wenn sich die Mieten nicht mehr anheben lassen, so die Idee, würden auch die Preise wieder sinken.

Beim wirtschaftsliberalen Thinktank Agenda Austria sieht man das naturgemäß anders. Wien habe ein Angebotsproblem, die Bevölkerung wachse schneller als der Wohnungsbestand, stellt Agenda-Austria-Experte Hanno Lorenz fest. Zu viel Nachfrage stoße auf ein zu geringes Angebot.

Alteingesessene profitieren

Mietobergrenzen würden noch mehr Nachfrage schaffen, das Angebot würde aber sinken, da sich Neubau und Investitionen nicht mehr rechnen. Bereits jetzt sei der Wiener Markt stark reguliert: Lediglich jede vierte Wohnung in Österreich und jede fünfte in Wien unterliegen keiner Preisbeschränkung. Die Folge: Wer einen günstigen Mietvertrag hat, zieht nicht um, sodass ausgerechnet junge Wohnungsuchende sich auf dem freien Markt umsehen müssen, während Alteingesessene äußerst günstig wohnen. Auch sorgten Mietpreisbremsen keineswegs dafür, dass sozial Schwächere leichter zu einer Wohnung kämen: Vermieter verlangen nämlich Einkommensnachweise und ziehen gut verdienende Mieter vor. Somit sind es vor allem Letztere, die von Mietpreisbremsen profitieren.

Die Agenda Austria plädiert dafür, besser Wohnraum zu schaffen. So könnte man Büroflächen umwidmen, wozu es einer weniger strengen Regulierung bedürfte (Licht muss in die Mitte des Raums vordringen). Genehmigungsverfahren sollten vereinfacht werden: In den Niederlanden kann mit dem Bau begonnen werden, wenn innerhalb von sechs Wochen keine Ablehnung vorliegt. Der soziale Wohnbau sollte treffsicherer gemacht werden. Eine Einkommensgrenze von 5400 Euro brutto für eine Gemeindewohnung sei zu hoch. Würde man diesen Wert auf 3000 Euro senken, käme es noch immer zu genug Durchmischung der Bevölkerung. Wer mehr verdiene, dessen Miete solle auf Marktniveau angehoben werden.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 12.12.2019)

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:


Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.