Ausstellung

Bilder von Flucht und Wurzeln

„The World in Safety Vests II“, 2019: eine Collage des britischen Künstlers Jonathan Monk.
„The World in Safety Vests II“, 2019: eine Collage des britischen Künstlers Jonathan Monk.Florian Laczkovics
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Der Künstler Sébastien de Ganay hat mit Kuratorin Fiona Liewehr ein stimmiges karitatives Projekt gestemmt. 200.000 Euro für die Flüchtlingshilfe kamen zusammen.

Dass ausgerechnet die oft selbst in prekären Umständen lebenden Künstler (Werke) spenden, um zu helfen, ist mittlerweile Gewohnheit geworden. Wenn einer von ihnen selbst zu einer karitativen Aktion aufruft, kann das aber noch eine andere Qualität bekommen. Wie man am Projekt „The Other is Oneself“ von Sébastien de Ganay sieht. Der 1962 in Frankreich geborene und in Niederösterreich lebende Maler und Bildhauer wolle sich nicht mehr als Zeitung lesender Zuseher fühlen, „während das Europa, wie wir es kennen, und der Traum unserer Eltern von Frieden zerbröselt“, schreibt er in einem eigens herausgegebenen Magazin. Er wolle tun.

Und er tat: Ausstellung, Auktion, Filmprogramm und Konferenz. Wobei Letztere diesen Freitag und Samstag den Abschluss bildet: Über den Syrien-Krieg, Flucht und Exil werden dort u. a. Barbara Coudenhove-Kalergi, die syrische Autorin und Aktivistin Samar Yazbek und die Grande Dame der zeitgenössischen ägyptischen Kunst, Nil Yalter, diskutieren. Zwei ihrer Arbeiten findet man auch im Kunstraum „Franz Josefs Kai 3“: „Exile is a hard job“ leuchtet gleich beim Eingang ein Schriftband über Schwarz-Weiß-Fotos aus dem Alltag türkischer Gastarbeiter in den Pariser Banlieues in den 1970ern.

Auktion erzielte 250.000 Euro

Eine Arbeit, die in jedem Museum hängen könnte. Dass derartige Kaliber gewonnen werden konnten, ist auch Verdienst der Kuratorin Fiona Liewehr. So konnten auch fast alle Arbeiten bei der Auktion im Dorotheum versteigert werden, bei der unglaubliche 250.000 Euro zustande kamen. Nach Abzug der Künstleranteile (auf die viele verzichtet haben) könne man daher rund 200.000 dem Hilfswerk International für Flüchtlingsarbeit im Libanon zur Verfügung stellen. Gerechnet habe man, so Liewehr, mit 100.000.

Das Engagement war schließlich auch bei den teilnehmenden Künstlern hoch, es wurden nicht nur irgendwelche Arbeiten gegeben, sondern thematisch passende bzw. neu geschaffene. Bis Samstag ist die dadurch sehr stimmige Ausstellung noch zu sehen, die sich durch eine starke internationale Beteiligung auszeichnet (Yalter, Lawrence Weiner, Slavs and Tatars, Jonathan Monk etc.). Alle berühren zumindest in einem Punkt den hier vorgegebenen Themenkreis. Manche eindeutig, wie die Installation des 1976 in Damaskus geborenen, in Berlin lebenden Khaled Barakeh, der den Abstand zwischen den einander entgegengestreckten Händen der Friedensskulptur im nordirischen Derry/Londonderry abgegossen hat. Manche nicht weniger eindeutig, aber abstrakter, wie Adriana Czernin, die in ihrer wandfüllenden Malerei ein seiner Funktion mehrfach entfremdetes Ornament aus Kairos größter Moschee variiert. Manche emotional berührend wie der Animationsfilm und die Zeichnungen von Mirta Kupferminc, 1955 in Buenos Aires als Tochter jüdischer Holocaust-Überlebender geboren. Hier schleppen Figuren ihre Wurzeln samt Bäumen auf ihren Rücken und Schultern durch ihre Lebensreisen. Eine Entdeckung für Wien. Eine Bereicherung ohnehin, hoffentlich auch für die, die es am nötigsten haben.

Web:www.toio.org

("Die Presse", Print-Ausgabe, 12.12.2019)

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