Großbritannien

Ungewöhnlich hoher Andrang bei britischen Parlamentswahlen

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Bis 23 Uhr mitteleuropäischer Zeit können die Briten ihre Stimmen abgeben. Premier Johnson hofft auf einen Sieg, um den Brexit vollziehen zu können.

Bei der Parlamentswahl in Großbritannien ist der Andrang in einigen Wahllokalen in London ungewöhnlich groß. Vielerorts bildeten sich Schlangen, wie Wähler am Donnerstag berichteten. Viele Menschen wollten ihre Stimme in der Früh auf dem Weg in die Arbeit abgeben. Die Wahllokale sind bis 23.00 Uhr MEZ für die mehr als 45 Millionen Wahlberechtigten geöffnet.

"Ich habe seit etwa acht Jahren in diesem Wahllokal gewählt, aber ich habe mich noch nie anstellen müssen", sagte Craig Fordham in Putney. Chris Schofield stand in Bermondsey and Old Southwark in einer Schlange mit etwa 70 anderen Wählern, wie er sagte. "Es ist 20 mal so viel los wie 2017 und bei lokalen und den Europawahlen", meinte der 27-Jährige. "Die Atmosphäre ist typisch London: Alle stehen in einer ordentlichen Reihe und niemand spricht mit dem anderen."

Die Spitzenpolitiker wählten schon in der Früh - Jeremy Corbyn im Londoner Stadtteil Islington und Premierminister Boris Johnson in der Nähe seines Amtssitzes in der Downing Street. Er kam mit seinem Hund Dilyn. Beide Parteichefs posierten für Fotografen ohne sich politisch zu äußern.

Klare Mehrheit für Brexit nötig

Johnson will Großbritannien am 31. Jänner aus der Europäischen Union führen. Dazu muss das Unterhaus aber dem von ihm mit der EU ausgehandelten Austrittsvertrag noch zustimmen. Um den Brexit zu vollziehen, braucht Johnson daher klare Mehrheitsverhältnisse.

Derzeit sieht es danach aus, als könnte der Tory-Chef einen Sieg einfahren: Der jüngsten Erhebung vom Mittwochabend zufolge kämen Johnsons Tories auf 41 Prozent der Wählerstimmen, die oppositionelle Labour Party auf 36 Prozent. Ob dies für eine Mehrheit der Sitze reichen würde, blieb offen. Die Konservativen werden vor allem im Norden Großbritanniens, bei der Unterschicht und Arbeiterklasse und mit ihrem Slogan „Get Brexit Done“ punkte können.

Queen geht nicht wählen

Die Queen geht übrigens nicht wählen. Zwar gibt es in Großbritannien kein geschriebenes Gesetz, das ihr das Wahlrecht abspricht. Trotzdem geben Königin Elizabeth II. und ihre Familie nie ihre Stimme ab und kandidieren auch nicht. Denn Aufgabe der Monarchie ist es, im Vereinigten Königreich Kontinuität zu stiften und die Gesellschaft zu einen - das verträgt sich nicht mit Parteinahme. In ihrer Rolle als Staatsoberhaupt muss die Monarchin außerdem politisch neutral bleiben. 

Besonderheiten des britischen Wahlrechts

Großbritannien hat ein relatives Mehrheitswahlrecht. Ins Parlament zieht nur der Kandidat mit den meisten Stimmen in seinem Wahlkreis ein. Die Stimmen für unterlegene Kandidaten verfallen. Das führt dazu, dass die beiden großen Parteien - also Konservative und Labour - bevorzugt werden und bringt in der Regel klare Mehrheitsverhältnisse.

In der jüngeren Vergangenheit kam es aber immer wieder zu einem "hung parliament" - das bedeutet, dass weder Labour noch Konservative eine absolute Mehrheit der Mandate im Unterhaus erreichen konnten.

Von den 650 Wahlkreisen in Großbritannien liegen 533 in England, 59 in Schottland, 40 in Wales und 18 in Nordirland. Theoretisch liegt die Mehrheit bei 326 Sitzen. Weil aber die nordirisch-katholische Partei Sinn Fein ihre Sitze traditionell nicht einnimmt, liegt die Mehrheit faktisch etwas darunter. Bei der vergangenen Wahl gewann Sinn Fein sieben Mandate.

(APA/dpa/red.)

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