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Die Kleinstadt als Anlagetipp

Deutsche Kleinstädte wie Erfurt rücken immer öfter ins Visier auch österreichischer Investoren.
Deutsche Kleinstädte wie Erfurt rücken immer öfter ins Visier auch österreichischer Investoren.(c) Getty Images/iStockphoto (RossHelen)
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In Ostdeutschland geraten immer kleinere Städte ins Visier von Immobilieninvestoren. Österreichische Player mischen dabei kräftig mit.

Die rauschende Party am Berliner Wohn-Investmentmarkt dürfte vorerst vorbei sein. Nicht zuletzt der im Oktober vom Senat beschlossene Gesetzesentwurf zum Mietendeckel hat die Unsicherheit unter Investoren – vor allem internationalen – weiter erhöht. Laut einer aktuellen Umfrage von JLL Germany unter rund hundert Branchenplayern würden bereits viele Anpassungen ihrer langfristigen Geschäftsstrategie vornehmen. „Dazu gehören ein Ausweichen auf andere Assetklassen oder Märkte und/oder ein vorübergehender Stopp von Investitionen“, erklärt Head of Research Helge Scheunemann.

Preiseinbruch befürchtet

„Beschließt der Berliner Senat im ersten Quartal 2020 tatsächlich den Mietendeckel, wird das massive Auswirkungen haben. Wir rechnen mit einem starken Preiseinbruch“, sagt Michael Mitterdorfer, Head of Investments bei Magan. Die österreichische Immobilien-Investorengruppe hat nicht erst nach den jüngsten regulatorischen Entwicklungen ihre Fühler über die Berliner Stadtgrenze hinaus ausgestreckt. Bereits Anfang 2014 begann man, infolge deutlicher Preisanstiege in der deutschen Bundeshauptstadt und nach dem Verkauf des dortigen Portfolios, Mietshäuser in Leipzig zu kaufen. In einem nächsten Schritt folgte Dresden.

Nachdem auch die beiden sächsischen Metropolen in den letzten drei Jahren teurer geworden sind, hat sich die heimische Investorengruppe der Ebene darunter in Ostdeutschland zugewendet. Dazu zählen unter anderem Magdeburg, Erfurt oder Chemnitz. „Die Strategie ist dieselbe wie früher auch in Berlin: Wir bauen ein Portfolio an Häusern auf, entwickeln es rund zwei Jahre weiter und verkaufen es dann wieder“, so Mitterdorfer. Gleichzeitig habe man vor zwei, drei Jahren damit begonnen, ein Portfolio von Eigentumswohnungen aufzubauen. Der Grund: Diese könnten oft zu deutlich geringeren Preisen als Zinshäuser in gleichen Lagen erworben werden.

Für Investitionen in ausgewählten Märkten der neuen Bundesländer spricht tatsächlich einiges – allen voran die attraktiveren Preise und Renditen. Während der Quadratmeter in Berlin im Durchschnitt rund 3000 Euro kostet, sind es in Leipzig und Dresden nicht mehr als 2400 und 2500 Euro. Der durchschnittlichen Berliner Wohnrendite von rund 2,5 Prozent stehen wiederum bis zu 3,5 und vier Prozent in Leipzig und Dresden gegenüber. Dazu kommt, dass – anders als im Westen – der Großteil der Häuser saniert ist. Dahinter steht das umfassende Fördergeld, das nach der Wende in die neuen Bundesländer geflossen ist.

Kleine Stadt, wichtige Lage

So weit, so gut. Dass auch die ostdeutschen Immobilienmärkte einiges zu bieten haben, hat sich mittlerweile herumgesprochen – die Konkurrenz hat zugenommen. Die börsenotierte S Immo, die wie Magan ab 2005 begann, in Berlin zu investieren, wich ebenfalls früh in ostdeutsche Sekundärstädte aus. Heute besitzt das Unternehmen Immobilien in Leipzig, Magdeburg, Halle, Erfurt und Rostock. Die Landeshauptstadt Thüringens, Erfurt, ist erst Anfang 2018 dazugekommen. Heute besitzt das Unternehmen dort bereits mehr als 30 Objekte – neben Wohnhäusern seit Kurzem auch einige Gewerbeimmobilien.

Wie Robert Neumüller, Geschäftsführer der S Immo Germany, erklärt, war es anfangs nicht einfach, in der Stadt, die mit ihrer Rolle als Drehkreuz für die neue ICE-Strecke von Berlin nach München punktet, Fuß zu fassen. „Wir haben länger sondiert“, hält er fest. Schließlich galt es auch, einschlägige Kontakte aufzubauen.

In die gleiche Kerbe schlägt Mitterdorfer. So angenehm es sei, dass sich in kleineren Städten noch nicht so viele andere Investoren tummeln und man von den Verkäufern noch genügend Zeit bekomme, die Liegenschaften zu prüfen, so wichtig wären gute Beziehungen. Über die Jahre habe man in Ostdeutschland ein gut funktionierendes Makler-Netzwerk aufgebaut und über tausend Maklerkontakte in der hauseigenen Datenbank vermerkt. Eine weitere Notwendigkeit beim Investieren in B- und C-Städten: Ein Fokus auf A-Lagen. Denn je kleiner die Stadt, desto wichtiger die Lage.

Wohin zieht die Karawane nach Städten wie Magdeburg, Erfurt und Chemnitz weiter? „Zwickau hat etwa hunderttausend Einwohner, ist der Standort eines großen VW-Werks und beheimatet gute Fachhochschulen“, nennt Mitterdorfer einen weiteren „Kandidaten“. Eine Ebene darunter würden sich die C-Städte Gera und Görlitz finden. In diesen bekomme man mitunter Häuser mit Renditen bis zu neun Prozent angeboten. Von solchen Investments rät der Experte ab, da sie in der Regel mit hohem Leerstand und Sanierungsbedarf einhergehen.

Auch der S Immo scheinen die Ideen nicht auszugehen. Seit eineinhalb Jahren kauft sie Grundstücke rund um Berlin – jeweils in Pendeldistanz zum Zentrum der deutschen Bundeshauptstadt – und besitzt bereits rund 1,25 Millionen Quadratmeter. Neumüller spricht von einem sehr kleinteiligen, arbeitsintensiven Prozess. „Wir dachten, dass das leichter wird.“ Insgesamt handelt es sich dabei um ein sehr langfristiges Projekt. Schließlich hätten die Grundstücke verschiedene und teilweise auch keine Widmungen. Auch bestehe durchaus die Gefahr, dass nicht alle zu Bauland würden. „Durch den Ankauf vieler kleiner Grundstücke minimieren wir letztlich dieses Risiko.“

Auf einen Blick

Nachdem die Immobilienpreise in Berlin in den letzten Jahren sukzessive gestiegen sind und sich auch das regulatorische Umfeld verschärft hat, sind mehr und mehr ostdeutsche Städte mit positiver wirtschaftlicher und demografischer Entwicklung ins Visier von Investoren geraten. Nachdem auch in Ost-Metropolen wie Leipzig und Dresden die Immobilienpreise angezogen haben, schauen sich immer mehr Investoren in den Städten in der zweiten und dritten Reihe – wie unter anderem Magdeburg, Erfurt, Chemnitz, Halle und Rostock – nach interessanten Gelegenheiten um.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 07.12.2019)

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