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Trend: Private investieren in Gewerbeimmobilien

(c) Die Presse (Clemens Fabry)
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Bei der Suche nach neuen Veranlagungsmöglichkeiten entdecken private Anleger zunehmend den Gewerbeimmobilienbereich.

Wenn private Interessenten früher die Dienste von Arnold-Immobilien in Anspruch nahmen, ging es fast ausschließlich um Zinshäuser. Das habe sich inzwischen geändert, sagt Sewada Howsepian, Leiter der Gewerbeabteilung von Arnold-Immobilien. „Seit einigen Jahren ist auch von privater Seite ein steigendes Interesse an Gewerbeimmobilien zu beobachten,“ berichtet er. Als Gründe nennt er die mangelnden Alternativen auf dem Geldmarkt und ihre relativ gute Berechenbarkeit: „Gewerbeimmobilien sind eine sichere Einnahmequelle, da sie, ähnlich wie Zinshäuser, stabile Mieteinnahmen aufweisen.“ Bei besseren Renditen. Howsepian spricht von Erträgen ab fünf Prozent, bei Zinshäusern liegt der Plafond derzeit bei rund drei Prozent. Als vielversprechende Investments sieht er Fachmärkte in guten Lagen: „Diese verfügen aufgrund der deutlich niedrigeren Mieten und Betriebskosten über eine sehr gute Flächenproduktion und sind daher bei Diskontern und Nahversorgern sehr beliebt.“

Eine Frage des Volumens

Und wer sind die Interessenten? Laut Franz Pöltl, Geschäftsführender Gesellschafter von EHL, hängt das vom Volumen ab: „Im Bereich der mittelgroßen Investments von zehn bis 20 Millionen Euro engagieren sich viele Privatstiftungen; unter zehn Millionen sind es oft erfolgreiche Freiberufler und mittelständische Unternehmer.“ Gefragt sei nahezu die ganze Palette des Gewerbeimmobilienbereichs: „Im Vordergrund stehen Büro- und Einzelhandelsobjekte, aber auch Spezialimmobilien aus Bereichen wie Gesundheit, sogar Parkgaragen werden nachgefragt.“ Das Thema Hospitality (Hotels, Serviced Apartments, Studentenheime) sei bei den sogenannten Familiy Offices sehr beliebt.

»Bei privaten Investoren spielen spekulative Überlegungen generell eine deutlich geringere Rolle als bei professionellen Anlegern.«

Georg Fichtinger, Head of Properties bei CBRE


Christoph Lukaschek, Leiter der Investmentabteilung bei Otto-Immobilien, führt das gestiegene Interesse zusätzlich darauf zurück, dass der Markt für kleinvolumigere Gewerbeobjekte transparenter geworden ist. „Immobilienberatungsunternehmen haben mittlerweile einen recht guten Überblick über Angebot, Nachfrage und Preise. Zudem widmen sich auch die Printmedien häufiger diesem Thema“, sagt der Experte. In der Praxis hat er drei wesentliche Motive für derartige Investments ausgemacht: Rendite, Besitzerstolz und Vermögensaufbewahrung. „Wobei Punkt zwei bei Gewerbeimmobilien einen deutlich geringeren Stellenwert hat als beispielsweise bei einem Zinshaus“, schränkt er ein.

Regionaler Bezug

Das wirkt sich auf den Veranlagungshorizont aus. „Bei privaten Investoren spielen spekulative Überlegungen generell eine deutlich geringere Rolle als bei professionellen Anlegern“, weiß Georg Fichtinger, Head of Properties bei CBRE. Im Unterschied zu einem Zinshausinvestment, bei dem der emotionale Bezug sehr groß sei, „nutzen bei Gewerbeobjekten aber auch Private öfter die Chance auf einen frühzeitigen Exit, wenn sich eine entsprechend lukrative Gelegenheit bietet“, sagt Fichtinger.

Unabhängig davon, in welches Objekt letztendlich investiert wird – eines hätten alle privaten Investoren gemeinsam, meinen die Experten unisono: den regionalen Bezug beziehungsweise ein Naheverhältnis zu einem bestimmten wirtschaftlichen Sektor. „Private Investoren bevorzugen Regionen oder Branchen, die sie persönlich kennen“, berichtet Pöltl. „Deshalb sind sie meistens überraschend gut informiert.“

»Oft werden mögliche zusätzliche Ausgaben wie Umbaukosten nach einem Mieterwechsel nicht berücksichtigt.«

Christoph Lukaschek, Leiter der Investmentabteilung bei Otto-Immobilien

Vor Fehlinvestitionen schützt das allein aber nicht. Ein typischer Fehler, meint etwa Lukaschek, bestünde etwa darin, dass die mittel- bis langfristige Verwertbarkeit eines Objekts falsch eingeschätzt wird. „Oft werden auch mögliche zusätzliche Ausgaben wie Umbaukosten nach einem Mieterwechsel nicht berücksichtigt“, sagt der Experte.

Verwaltung als blinder Fleck

Zu den blinden Flecken privater Investoren gehört außerdem der Verwaltungsbereich. Wie bei Wohnobjekten wird die Verwaltung auch bei Gewerbeimmobilien meist an ein externes Unternehmen ausgelagert. Vergessen wird dabei oft, dass diese sich in aller Regel nur um die reine Verwaltung, nicht aber um das eigentliche Management, etwa die gezielte Auswahl von Mietern, kümmert. Franz Pöltl rät dazu, sich auf jeden Fall dabei an Unternehmen zu wenden, die über eine umfassende Erfahrung im jeweiligen Marktsegment verfügen. „Je komplexer und größer ein solches Objekt, etwa ein Fachmarktzentrum, ist, desto eher wird man neben der Verwaltung auch ein professionelles, externes Centermanagement benötigen.“

Auf einen Blick

Plus: Bei Fachmärkten, Einzelhandelsobjekten, kleinvolumigeren Bürogebäuden oder Spezialimmobilien im Gesundheitsbereich winken mittlerweile höhere Renditen als im Zinshausbereich. Die Einstiegsschwelle, die bei zwei bis drei Millionen Euro liegt, ist kaum höher als bei einem klassischen Zinshausinvestment, das Angebot größer.

Minus: Man benötigt profundes Wissen über das jeweilige Marktsegment und muss bei der Verwertung und Verwaltung einige Besonderheiten beachten.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 14.12.2019)

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