17 Empfehlungen

Filme des Jahres 2019: Am Ende lacht nur der "Joker"

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Welche Filme aus dem Jahr 2019 soll man gesehen haben? 17 Empfehlungen: Vom Horror unter schwedischer Sonne über einen ungewöhnlichen Blockbuster bis zum Roadmovie im Burgenland.

Welche Filme aus dem Jahr 2019 soll man gesehen haben? 17 Empfehlungen in willkürlicher Reihenfolge, ausgesucht von „Presse"-Filmkritiker Andrey Arnold.

„Midsommar“

Horrordrama von Regisseur Ari Aster

Der zweite Spielfilm des aufstrebenden amerikanischen Autorenfilmers Ari Aster ist ein Terrortrip: Dani (Florence Pugh) und Christian (Jack Reynor) folgen der Einladung eines schwedischen Studienkollegen (Vilhelm Blomgren). In dessen Heimatdorf, wo zur Sommersonnenwende stets harmonisches Hochgefühl herrscht, will das Paar wieder zu sich finden. Doch hinter freigeistiger Wellness-Fassade und Biobauernhof-Seligkeit schwelt eine archaische Reinheitsideologie.

Wo zu sehen? Vereinzelt im Kino

„Der goldene Handschuh“

Drama von Regisseur Fatih Akin

Der Film basiert auf Heinz Strunks gleichnamigem Tatsachenroman, dessen unverblümtes Porträt des Hamburger Serienmörders Fritz Honka 2016 zum Bestseller avancierte. Wie die literarische Vorlage taucht die Adaption kopfüber in die Reeperbahndomäne von St. Pauli in den 1970ern. Fatih Akins Film schied die Geister. Gegner warfen dem Regisseur vor, seine Figuren vorzuführen, Gewalt gegen Frauen zu bagatellisieren. Akin hat sich aber sehr wohl Gedanken gemacht, wie man sich dem abgründigen Material nähern könnte. Sein Film bewegt sich zwischen Überzeichnung und Distanz, Abscheu und Empathie, Arthaus- und Kommerzästhetik.

Wo zu sehen? Diverse Streaminganbieter, ca. fünf Euro

„Marriage Story“

Drama von Noah Baumbach

In der Netflix-Produktion „Marriage Story“ mündet die Trennung eines Künstlerpaars in einen juristischen Stellvertreterkrieg. Scarlett Johansson und Adam Driver brillieren in den Hauptrollen. Dass die Brachialkonfrontation nicht auch zur Tortur für die Zuschauer wird, liegt am Erzähltalent von Regisseur Noah Baumbach. „Marriage Story“ gilt auch als Oscar-Kandidat.

Wo zu sehen? Netflix

„Bewegungen eines nahen Berges“

Dokumentarfilm von Sebastian Brameshuber

„Bewegungen eines nahen Berges“ porträtiert einen nigerianischen Automechaniker in der Steiermark mit poetischer Gelassenheit. Und übt subtil Kritik an Wirtschaftskettenhaft.

Wo zu sehen? Vereinzelt im Kino

„The Beach Bum“

Von Harmony Korine

Matthew McConaughey spielt einen Lebenskünstler: Moon Dog ist eine lokale Berühmtheit auf den Florida Keys; er sitzt stundenlang am Pier und liest aus seinem ersten und bisher einzigen Gedichtband, wenn er nicht gerade mit großbusigen Frauen und eingerauchten Freunden auf seinem kleinen Boot Well Hung (also: gut bestückt) Party macht. Finanziert wird all das von seiner reichen Ehefrau, Minnie (Isla Fisher). „Beach Bum“ ist, wenn man so will, das sonnendurchflutete Gegenstück zum nachtlichternden „Spring Breakers“ von 2012.

Wo zu sehen? Diverse Streaminganbieter, ca. vier Euro

„Flatland“

Genre-Mix von Jenna Cato Bass

Das südafrikanische Hinterland gerät im dritten Spielfilm der Regisseurin Jenna Cato Bass zum Freiheits(t)raum: Braut Natalie (Nicole Fortuin) flüchtet mit einer Freundin Hals über Kopf durch die Halbwüste Karoo. Ein poppiges Emanzipationsmärchen mit sozialkritischem Unterbau. „Flatland“ fantasiert sich in einen Western hinein, deutet die Mythen und Motive des Genres neu. Der Film rückt Menschen in den Mittelpunkt, denen Revolverheldenstatus lange Zeit verwehrt blieb.

Wo zu sehen? Aktuell leider nirgends

„God Exists, Her Name Is Petrunya“

Satirisches Drama von Teona Strugar Mitevska

Die Mazedonierin Teona Strugar Mitevska überraschte auf der Berlinale mit der ungewöhnlichen Emanzipationsdramödie „God Exists, Her Name is Petrunya“. Die Kirche kommt darin nicht besonders gut weg. Der Film dreht sich um das Leben von Petrunya. Zufällig gerät sie in eine religiöse Zeremonie: Männer stürzen sich am Dreikönigstag in einen Fluss, um ein geweihtes Kreuz zu finden. Dem Finder soll das Glück bringen. Mitmachen dürfen nur Männer - doch dann springt Petrunya hinterher.

Wo zu sehen? Im Kino

„Wir“ (Us)

Horrordrama von Jordan Peele

Mit der Horrorfilmsatire „Get Out“ begeisterte Jordan Peele Kritik und Publikum. Mit „Wir“ setzte er noch eins drauf: ein dunkelbuntes Grusellabyrinth, wie gemacht für Mehrfachsichtungen und verschrobene Fan-Theorien. Dabei fängt alles ganz harmlos an. Familienidyll im Ferienhaus, bürgerliche Behaglichkeit: Papa (Winston Duke) dreht Runden im Motorboot, die Kinder (Evan Alex und Shahadi Wright Joseph) balgen sich, ziemlich beste Freunde (herrlich unsympathisch: Tim Heidecker und Elisabeth Moss) leisten Trinkgesellschaft. Nur Mama (Lupita Nyong'o) fühlt sich zusehends unwohl, bedrängt von schlimmen Erinnerungen.

Wo zu sehen? Diverse Streaminganbieter, ca 10 Euro

„The Irishman“

Unterwelt-Epos von Martin Scorsese

Martin Scorsese ließ für seinen dreieinhalbstündigen Mafia-Film Robert De Niro, Joe Pesci und Al Pacino digital verjüngen. De Niro spielt Frank Sheeran, Spitzname „The Irishman“, der seine Lebensgeschichte erzählt. Ein altersweiser Film, den man sich im eigentlich Kino anschauen sollte. Doch dort stand er nur einen Monat auf dem Programm, bevor er auf Netflix startete. Der Streaminganbieter hatte das hochriskante und teure Projekt finanziert, das davor jahrelang in Hollywood herumgereicht worden war.

Wo zu sehen? Auf Netflix

„Burning“

Thriller von Lee Chang-dong

Der südkoreanische Regisseur Lee Chang-dong verfilmte im Thriller „Burning" eine Kurzgeschichte von Haruki Murakami, eine rätselhafte, komplexe Dreiecksgeschichte um zwei Männer und eine Frau. Es geht um Ungleichheit, Neid und Gerechtigkeit.

Wo zu sehen? Diverse Streaminganbieter, ab ca. vier Euro

„Porträt einer jungen Frau in Flammen“

Historienfilm von Céline Sciamma

„Portrait de la jeune fille en feu“ von Céline Sciamma kommt fast ohne Männer aus: Diese Liebesgeschichte erzählt im Frankreich des 18. Jahrhunderts  von der Malerin Marianne (Noemi Merlant). Diese soll gegen deren Willen und heimlich ein Porträt der jungen Adeligen Heloise (Adele Haenel) fertigen. Ihre Mutter will das Bild an einen Heiratskandidaten in Mailand schicken - die Verweigerung ist die einzige Möglichkeit der jungen Frau, dagegen zu rebellieren. Doch Malerin und Modell kommen sich näher, freunden sich an und verlieben sich ineinander.

Wo zu sehen? Aktuell im Kino

„Asche ist reines Weiß“

Gangsterdrama von Jia Zhang-ke

In einer kleinen chinesischen Minenstadt um die Jahrtausendwende ist Qiao - die Freundin des Gangsters Bin - die unumschränkte Chefin. Doch nichts bleibt, wie es war: Die Mine wird geschlossen und Qiao geht für Bin ins Gefängnis. Als sie entlassen wird, sucht sie nach ihm. Mit seiner Liebesgeschichte zeichnet Jia Zhang-ke ein Porträt des turbokapitalistischen Chinas und setzt dabei ganz auf seine Hauptdarstellerin Tao Zhao.

Wo zu sehen? Diverse Streaminganbieter, ab ca. vier Euro

„They Shall Not Grow Old“

Essayfilm von Peter Jackson

„Herr der Ringe“-Regisseur Peter Jackson hat für den Essayfilm „They Shall Not Grow Old“ britische Archivaufnahmen aus dem Ersten Weltkrieg einer Frischzellenkur unterzogen. Anlässlich des Gedenkjahres 2018 wurde Jackson gebeten, sie für ein zeitgenössisches Publikum aufzubereiten. Und entschied sich für ein grundlegendes Umstyling. Dazu gehörte eine akribische Einfärbung digitalisierten Filmmaterials, die sich an Artefakten, Dokumenten und Ortsbegehungen orientierte.

Wo zu sehen? Diverse Streaminganbieter, ab ca. vier Euro

„Border“

Fantasydrama von Ali Abbasi

Im Mittelpunkt der düster-mystischen Erzählung steht Tina. Mit einem deformierten Gesicht ist sie gesellschaftliche eher eine Außenseiterin, die lieber im Wald als unter Menschen ist. Als Zollbeamtin an einem Fährhafen hingegen profitiert sie von ihrer Gabe, Gefühle wie Scham oder Angst wittern zu können. Die Begegnung mit einem ähnlich deformierten Reisenden verändert ihr Leben.

Wo zu sehen? Diverse Streaminganbieter, ab ca. zwei Euro

„Synonymes“

Drama von Nadav Lapid

In Nadav Lapids eindrucksvollem Berlinale-Gewinner „Synonymes“ geht ein junger Mann nach Paris, um seine israelische Identität abzuschütteln. Doch so leicht wird er seine Herkunft nicht los.

Wo zu sehen? Vereinzelt im Kino

„Aufbruch“

Roadmovie von Ludwig Wüst

Ein Mann mittleren Alters verlässt eine Frau. Eine Frau mittleren Alters verlässt einen Mann. Und beide begegnen sich dafür auf einer Reise, im Nirgendwo des platten Burgenlandes. Ein intensiver, kluger, formal origineller Film

Wo zu sehen? Via Flimmit, ca fünf Euro

„Joker“

Comic-Antiheldendrama von Todd Philips

Joaquin Phoenix, Breitwandneurotiker der Wahl für renommierte US-Autorenfilmer wie James Gray und Paul Thomas Anderson, brilliert als mitleiderregender Superböser in spe. Hier gibt er einen Mann namens Arthur Fleck. Dessen Psyche liegt fraglos im Argen. Obwohl er regelmäßig Pillen schluckt, verfällt er unter Anspannung immer wieder in krampfartiges Gelächter. Todd Philips „Joker“ wirkt wie ein Update von Scorseses „Taxi Driver“ und „The King of Comedy“, Robert De Niro lässt sich sogar in einer Nebenrolle blicken. Bei den heurigen Filmfestspielen von Venedig heimste das Drama den Hauptpreis ein, auch für die Oscar-Verleihung wird er hoch gehandelt.

Wo zu sehen? Aktuell im Kino

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