Der Altlinke verordnete der Partei einen Linksruck und einen schwammigen Brexit-Kurs – und scheiterte.
Wien/London. So ganz wollte Jeremy Corbyn es nicht wahrhaben, dass seine Zeit abgelaufen ist, als er in seinem Nordlondoner Wahlkreis Islington, einer linksliberalen Hochburg, in den Morgenstunden ernüchtert ein erstes Statement abgab. Bei der nächsten Wahl werde er nicht mehr als Spitzenkandidat antreten, verkündete der 70-jährige Labour-Chef, als müsste die bittere Realität erst einsickern. In einer Übergangsphase werde er Ursachenforschung für das schlimmste Wahldebakel seit 1935 betreiben und das Feld aufbereiten für seine Nachfolge. Eigener Fehler war er sich indes nicht bewusst.
Quasi im Nachtreten übte er allerdings harsche Medienkritik. Das konservative Boulevardblatt „Daily Mail“ hatte sein radikal linkes Wahlprogramm, das unter anderem Verstaatlichung in großem Stil, hohe Sozialausgaben und freies Internet versprach, als „marxistisches Manifest“ punziert.