Amtsenthebungsverfahren

Impeachment-Bestrebungen der Demokraten steuern auf Höhepunkt zu

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Die entscheidende Woche beginnt. Bekommen einige demokratische Abgeordnete im letzten Moment kalte Füße?

Die Bestrebungen der US-Demokraten für ein Amtsenthebungsverfahren gegen Präsident Donald Trump steuern auf einen Höhepunkt zu. Das Repräsentantenhaus könnte möglicherweise schon Mitte der Woche offiziell die Impeachment genannte Anklage einbringen. Der Vorsitzende des Geheimdienstausschusses, Adam Schiff, zeigte sich am Sonntag zuversichtlich, dass es eine Mehrheit dafür geben wird.

"Das ist eine echte Gewissensabstimmung", sagte Schiff dem Sender ABC. Er betonte die Schwere der Vergehen, die die Demokraten Trump vorwerfen. Zudem äußerte er Unverständnis, dass die Republikaner weiterhin zum Präsidenten hielten. "Wäre es Barack Obama, würde ich für ein Amtsenthebungsverfahren stimmen", sagte der Demokrat mit Blick auf seinen Parteifreund und Trumps Vorgänger.

Noch vor der beabsichtigten Eröffnung des Amtsenthebungsverfahrens haben die Demokraten den Republikanern im Senat einen Vorschlag für das weitere Vorgehen unterbreitet. Der von Trumps Republikanern dominierte Senat ist die entscheidende Instanz in einem Amtsenthebungsverfahren, das formell bereits Mitte der Woche mit einem Votum im Repräsentantenhaus eröffnet werden könnte.

Der demokratische Minderheitsführer Chuck Schumer richtete sich in einem am Sonntag (Ortszeit) von mehreren US-Medien veröffentlichten Brief an seinen republikanischen Gegenpart Mitch McConnell. Darin schlug er vor, vier hochrangige Beamte des Weißen Hauses als Zeugen vorzuladen, darunter Trumps geschäftsführenden Stabschef Mick Mulvaney und den früheren nationalen Sicherheitsberater John Bolton. Mit dem Verfahren könne in der zweiten Jännerwoche begonnen werden, geht aus dem Schreiben weiter hervor.

Mehrheit für Amtsenthebungsverfahren absehbar

Trump soll sich nach dem Willen der Demokraten wegen Machtmissbrauchs und Behinderung der Ermittlungen des Kongresses, also des US-Parlaments, verantworten. In den kommenden Tagen soll das Plenum im Repräsentantenhaus über die beiden Anklagepunkte entscheiden. Sollten die Abgeordneten mehrheitlich zustimmen, würde das Amtsenthebungsverfahren gegen Trump formell eröffnet.

Eine Mehrheit ist absehbar, denn die Demokraten dominieren die Kammer. Einige moderate Abgeordnete sind Medienberichten zufolge aber noch unentschieden oder gar dagegen. Trump begrüßte auf Twitter den möglichen Übertritt eines demokratischen Abgeordneten zu den Republikanern. US-Medien hatten zuvor unter Berufung auf namentlich nicht genannte Quellen berichtet, dass der als moderat geltende Abgeordnete aus New Jersey, Jeff Van Drew, plane, in den kommenden Tagen die Seiten zu wechseln. Der Zeitpunkt wäre angesichts der anstehenden Abstimmung brisant. Van Drew hatte sich in der Vergangenheit gegen ein Impeachment des Präsidenten ausgesprochen und auch dagegen gestimmt.

Van Drew sitzt im Repräsentantenhaus und vertritt dort seit 2018 einen ehemals republikanischen Bezirk, in dem Trump als beliebt gilt. Der Vorsitzende des Justizausschusses im US-Repräsentantenhaus, Jerry Nadler, begründete die mögliche Entscheidung Van Drews bei ABC damit, dass erwartet wird, dass dieser nicht wiedergewählt werde. Ein Parteiwechsel würde demnach vor allem dem politischen Selbsterhalt dienen.

Tweets und Anrufe für unentschlossene Demokraten

Offenbar in einem Versuch, einige Demokraten für ein Votum gegen ein Amtsenthebungsverfahren zu gewinnen, verbreitete Trumps Sohn Donald Trump Junior am Samstag über Twitter einen Aufruf, 31 demokratische Abgeordnete mit Tweets und Anrufen zu bombardieren. In einer Reihe von Kurzmitteilungen veröffentlichte er die Namen von Twitter-Profilen sowie Telefonnummern. Sein Vater teilte den Tweet umgehend. Trump Junior stellte den Aufruf nicht in Zusammenhang mit der geplanten Abstimmung. Der Gedanke liegt aber nahe: Einige der aufgelisteten Kongressabgeordneten galten bis vor kurzem als unentschlossen, wie sie abstimmen sollen, oder haben sich Medienberichten zufolge noch nicht entschieden.

Trump ist der dritte Präsident in der Geschichte der USA, der ein Votum über ein Amtsenthebungsverfahren im Repräsentantenhaus über sich ergehen lassen muss. Hintergrund ist die Ukraine-Affäre. Die Demokraten beschuldigen Trump, den ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj zu Ermittlungen gegen seinen politischen Rivalen Joe Biden gedrängt zu haben, um die US-Präsidentenwahl 2020 zu seinen Gunsten zu beeinflussen. Sie sehen es als erwiesen an, dass Trump von der Ankündigung solcher Ermittlungen ein Treffen mit Selenskyj im Weißen Haus und die Freigabe von Militärhilfe für die Ukraine abhängig gemacht habe. Als das herausgekommen sei, habe Trump alles daran gesetzt, die Ermittlungen des Repräsentantenhauses zu blockieren.

Noch nie wurde ein US-Präsident des Amtes enthoben. Dass die Bestrebungen der Demokraten zum Erfolg führen, gilt als äußerst unwahrscheinlich. Denn das eigentliche Verfahren, das im Jänner stattfinden könnte, würde im Senat stattfinden. Dort haben Trumps Republikaner die Mehrheit. Zudem ist für eine Absetzung des Präsidenten eine Zwei-Drittel-Mehrheit im Senat erforderlich. Somit müssten mindestens 20 der 53 Republikaner im Senat mit den Demokraten stimmen, damit Trump aus dem Weißen Haus entfernt wird.

(APA/dpa)

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