Polen

„Das wäre der Anfang vom Ende des Binnenmarkts“

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BELGIUM-EU-SUMMIT-DIPLOMACY-POLITICS(c) APA/AFP/KENZO TRIBOUILLARD
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Die nationalautoritäre Regierung will den Gerichtshof der EU außer Kraft setzen.

Brüssel. Die neue Europäische Kommission steht nach zwei Wochen Amtszeit vor einer Nagelprobe: Wie wird sie verhindern, dass Polen die Geltung des Europarechts mithilfe von politisch lancierten Disziplinarmaßnahmen gegen unabhängige Richter außer Kraft setzt? Denn genau darauf zielt jene Gesetzesvorlage ab, welche die nationalautoritäre Regierungspartei PiS am vorigen Donnerstag im polnischen Parlament, dem Sejm, eingebracht hat.

Sollte dieser Entwurf Gesetz werden, würde jeder polnische Richter Amtsmissbrauch begehen, der ein Urteil des Gerichtshofs der EU (EuGH) in Luxemburg umsetzt, das nach Ansicht des politisch gleich geschalteten polnischen Verfassungstribunals der polnischen Verfassung widerspricht. Vereinfacht gesagt soll also der absolute Vorrang des Europarechts in Polen nicht mehr gelten, wenn es der Regierung unter Ministerpräsident Mateusz Morawiecki politisch nicht gefällt. Dieser Grundsatz der Union, welcher seit dem Jahr 1964 und dem damaligen Urteil des EuGH in der Sache Costa/Enel gilt und einer der Grundpfeiler des Binnenmarkts ist, würde somit im fünftgrößten Mitgliedstaat außer Kraft treten.

Brüssel ist politisch erpressbar

Das hätte schwerste Auswirkungen für alle anderen Mitgliedstaaten der EU, warnt der Europarechtsprofessor Laurent Pech von der Middlesex University London im Gespräch mit der „Presse“. Denn Gerichte in anderen EU-Staaten würden polnische Urteile nicht mehr anerkennen. „Das wäre der Anfang vom Ende des Binnenmarkts. Die Kommission muss jetzt einstweilige Anordnungen beantragen. Sie darf nicht warten, denn schon jetzt werden Richter von der Regierung sanktioniert.“

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