Oh du Fröhliche

Gekündigt am 23. Dezember

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Es soll Firmen geben, die Kündigungen auch am Tag vor Weihnachten aussprechen. Es geht humaner.

Im Trubel der Kündigungswelle hätte man „auf ihn vergessen“, hieß es in einem Chemieunternehmen im Westen Wiens, das einen älteren Facharbeiter noch rasch am 23. Dezember „freisetzen“ wollte. Ob er mit einer Rückdatierung seiner Kündigung einverstanden wäre?

Noch härter traf es vor ein paar Jahren die 3350 Mitarbeiter des Opel-Werks in Bochum. Wenige Tage vor Weihnachten und kurz vor dem 50. Jubiläum gab die Betriebsleitung die Schließung des Werks bekannt.

Keine Einzelfälle: Manchmal müssen Kündigungen in den Wochen vor Weihnachten ausgesprochen, um bis Jahresende alle arbeitsrechtlichen Ansprüche zu erfüllen (die SPÖ weiß ein Lied davon zu singen). Die Frage ist nur, wie human man das ansetzt.

Negativbeispiele (zu allen Jahreszeiten) gibt es vor allem in den USA einige. Dort wurde ein Mann just an dem Tag gekündigt, als er nach dem Tod seines Sohnes zum ersten Mal wieder am Arbeitsplatz erschien. Das Reden ersparte man sich: Auf seinem Schreibtisch lag der blaue Brief.

Interessant ist auch die Feueralarm-Methode: Nach Beendigung eines Feueralarms funktionieren die Türöffner nicht mehr für alle Mitarbeiter. Jene, die abgebaut werden, sollen gleich draußen bleiben.

Vergleichsweise human ist die Variante eines „Kick-off’s“, bei dem das neue Organigramm an die Wand gebeamt wird. Wessen Name nicht in einem der Kästchen stehe, der solle sich umgehend mit der Personalabteilung in Verbindung setzen.

Respektvoll kündigen – nicht nur vor Weihnachten

Kündigen ist nie erfreulich. Dennoch gibt es Mittel und Wege, Arbeitsplatzabbau menschlich zu gestalten. Ein paar Anregungen:

  • Reden statt Schreiben. 2013 ging die Zwangspensionierung des langjährigen „Zeit im Bild“-Anchormans Eugen Freund durch die Medien: "Vielen Dank. Und vergessen Sie nicht, Ihren Ausweis abzugeben." las der Überrumpelte. Zweifellos erfordert es mehr Rückgrat, einem Betroffenen in die Augen zu schauen und seine Reaktionen aushalten zu müssen. Falls Respekt und Achtung vor dem Mitarbeiter als Motiv nicht ausreichen, sei erwähnt, dass „in Würde“ Gekündigte seltener vor das Arbeitsgericht gehen.

  • Zeit und Ort. Niemandem ist zuzumuten, nach dem Gespräch an seinen Arbeitsplatz zurückzukehren und weiterzuarbeiten, als wäre nichts gewesen. Daher empfiehlt sich ein Abendtermin direkt vor Büroschluss. Als Ort eignet sich ein neutraler Konferenzraum, in dem der Betroffene im Anschluss noch ein paar Minuten allein sein kann.

  • Zur Sache kommen. Nicht um den heißen Brei herumreden, sondern sofort ins Thema einsteigen. Wasser anbieten – trinken beruhigt.

  • Erklärung geben. Ist Leistungsabfall der Kündigungsgrund? Zwischenmenschliche Differenzen? Oder tatsächlich wirtschaftlich notwendige Maßnahmen? Im ersten Schock wird oft falsch interpretiert – und diese Version nach außen kommuniziert.

  • Sachinformationen. So manchem, der von Emotionen überrollt wird, helfen Sachthemen, die Haltung zu bewahren: Infos zu Kündigungsfrist, Resturlaub, Aufbrauchen von Mehrstunden, Abfertigungs- oder Outplacement-Paket, Freistellung und Rückgabe von Firmeneigentum. Auch die Information an das Team und die Übergaberegelungen müssen thematisiert werden.

  • Formalerfordernisse. Zur Rechtsabsicherung muss die schriftliche Kündigung überreicht und ihr Erhalt quittiert werden.

  • Information an das Team. Die übliche Reaktion: Mit steinernen Gesichtern nehmen die Kollegen das Ausscheiden eines (beliebten) Kollegen zur Kenntnis, stellen ein paar Sachfragen und kehren dann an ihren Arbeitsplatz zurück. Doch in ihnen gärt es. Aus psychologischer Sicht ist das ein klassischer Trauerprozess, der umso heftiger ist, je stärker die Bindung zum Scheidenden war. Die Palette der Emotionen umfasst Verleugnung, Protest, Wut, Traurigkeit, Angst, Beklemmung und Rationalisierung. Werden diese Gefühle unterdrückt, kumulieren sie und brechen an anderer Stelle wieder auf. Das ist auch der Hintergrund für bewährte Trennungsrituale wie Abschiedsgeschenke, -feiern und -umtrunke. Aber bitte nicht auf der Weihnachtsfeier.

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