Sozialversicherung

Alexander Biach: „Kümmert euch um euer Baby“

Der scheidende Chef des Hauptverbands, Alexander Biach, richtet mahnende Worte an die Sozialpartner.
Der scheidende Chef des Hauptverbands, Alexander Biach, richtet mahnende Worte an die Sozialpartner.(c) Clemens Fabry
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Der scheidende Chef des Hauptverbands, Alexander Biach, richtet mahnende Worte an die Sozialpartner.

Wien. Bei den Türkisen war Alexander Biach nie sonderlich beliebt. Das liegt an der Farbenlehre der Volkspartei: Der Wirtschaftskämmerer galt als eindeutiger Schwarzer. Und als Anhänger der Sozialpartnerschaft, die die Parteiführung um Sebastian Kurz an den Rand drängen wollte. Biach, der als Präsident des Hauptverbands der Sozialversicherungsträger dort an einer der Schaltstellen saß, verdächtigte man, Reformen im Weg stehen zu wollen.

Biach empfand das immer als ungerecht: Er sah sich selbst als Reformer. Und tatsächlich hat der Hauptverband unter seiner Ägide viel mehr weitergebracht als in den Jahren davor. Die Vereinheitlichung der Leistungen der Krankenkassen beispielsweise, eines der Hauptziele der Kassenfusion unter Türkis-Blau, hat er im Vorfeld schon ohne großes Getöse weitgehend umgesetzt.

Mit der vom Verfassungsgerichtshof nun abgesegneten Kassenreform hat Biach auch seinen Job verloren. Den Hauptverband gibt es nicht mehr, er wurde durch einen Dachverband abgelöst. Und dieser hat keinen hauptamtlichen Vorsitzenden mehr, sondern der Vorsitz rotiert zwischen den fünf verbliebenen Sozialversicherungsträgern.

Zum Abschied gibt Biach nun seinen Nachfolgern einiges an mahnenden Worten mit. Die wichtigste Botschaft: Streitet nicht, sondern agiert gemeinsam. In den vergangenen Tagen ist ein Konflikt in den neu geschaffenen Überleitungsgremien bekannt geworden: Die Wirtschaftsvertreter wollten neue Regeln für die Überprüfung von Krankenstandsmissbrauch, die Arbeitgeber sollten eine Prüfung von Verdachtsfällen anordnen können. Die Vertreter der Arbeiterkammer wehrten sich vehement dagegen. In den Gremien drohte eine Pattsituation, weil diese von Arbeitgeber- und Arbeitnehmervertretern paritätisch besetzt werden. Letztlich zogen die Wirtschaftsvertreter ihren Antrag zurück.

Man dürfe keine Anträge überfallsartig einbringen und es auf eine Kampfabstimmung ankommen lassen, sondern müsse bereits im Vorfeld strittige Fragen klären, sagt Biach. Denn bei einer Pattstellung entscheidet laut Gesetz der Sozialminister. Und wenn es öfters so weit komme, sei die ganze Selbstverwaltung gefährdet. Der Verfassungsgerichtshof habe in seinem jüngsten Erkenntnis zwar die Selbstverwaltung gestärkt, in Stein gemeißelt sei diese aber nicht. Der Gesetzgeber könne mit einfacher Mehrheit die Sozialversicherungen verstaatlichen. Daher Biachs Appell an die Sozialpartner: „Die Krankenkassen sind euer Baby. Kümmert euch darum.“

Den Dachverband stärken

Von der Politik wünscht sich Biach eine Stärkung des Dachverbands. Er solle wieder einen hauptamtlichen Vorsitzenden haben, damit die übergeordneten Interessen der Sozialversicherung nicht zu kurz kommen. Nur ein starker Dachverband könne die weitere Harmonisierung der Leistungen zwischen Gesundheitskasse, Beamten und Selbstständigen weiter vorantreiben.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 19.12.2019)

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