Darts

Bedeutsame Volltreffer im Bierdunst

Die Fans tobten, das Medieninteresse war groß: Fallon Sherrock zeigte sich nach ihrem historischen Sieg überwältigt.
Die Fans tobten, das Medieninteresse war groß: Fallon Sherrock zeigte sich nach ihrem historischen Sieg überwältigt.Getty Images
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Fallon Sherrock gewann als erste Frau eine WM-Partie. Ihre Teilnahme ist umstritten, zeigt aber die Entwicklung des früheren Beisl-Sports. Nun trifft die Engländerin auf Mensur Suljović.

London/Wien. Ihren Platz in der Sportgeschichte hat Fallon Sherrock seit Dienstagabend sicher. Die Engländerin gewann die Auftaktpartie bei der Darts-WM gegen Landsmann Ted Evetts mit 3:2 und sorgte damit für den allerersten Sieg einer Frau bei den Titelkämpfen der Professional Darts Corporation (PDC). Traditionell feierwütig und bierschwanger tobten die 3000 Fans im Londoner Alexandra Palace noch ausgelassener als sonst, schon die gesamte Partie über hatten sie hingebungsvoll die neue Heldin besungen.

„Ich kann nur ,wow‘ sagen. Oh mein Gott! Ich bin einfach froh, was ich für den Darts-Sport erreicht habe“, erklärte Sherrock danach. Den historischen Triumph begoss die 25-Jährige aus Milton Keynes mit Wasser – Konsequenz einer schweren Nierenerkrankung 2014 –, viel Zeit zum Feiern blieb ihr ohnehin nicht: Noch spät in der Nacht beantwortete sie auf Twitter Glückwünsche, am nächsten Morgen trat sie als Stargast in gleich zwei TV-Shows auf. „Das Spiel war immer schon meins, aber wir Frauen hatten nicht die Gelegenheit, es zu beweisen“, sagte die Mutter eines Sohnes. Rory ist fünf Jahre alt und Autist. Die historische Dartscheibe versteigert Sherrock deshalb zugunsten einer Charity, von der auch sie unterstützt wird.

Der Weg auf die Bühne

Beim Darts kommt es vergleichsweise wenig auf die Physis an, umso intensiver fällt zuweilen die Geschlechterdebatte aus. Groß war der Aufschrei, als PDC-Präsident Barry Hearn im Vorjahr die leicht bekleideten Walk-on-Girls bei der WM abschaffte und im Zuge der Erweiterung auf 96 Teilnehmer zwei Plätze für rein weibliche Qualifikationsturniere reservierte. Der deutsche Experte Gordon Shumway musste damals nach abfälligen Kommentaren als Co-Kommentator bei Sport1 abtreten, hält an seiner Kritik am „Zirkus“ aber nach wie vor fest.

Es stimmt, dass der aktuelle Modus Sherrock und Kolleginnen eine Qualifikationschance bietet, die Männern nicht offensteht. Doch ist es keineswegs eine Einladung, sondern Sherrock musste sich genauso wie die Japanerin Mikuru Suzuki, die am Sonntag den historischen WM-Sieg noch knapp verpasst hatte, den Startplatz erspielen. Dem gewieften Promoter Hearn dürfte es dabei weniger um Gleichberechtigung als Profit gehen.

Die extra Bühne für Frauen hat trotzdem Berechtigung, weil die längste Zeit beim Darts in Wirtshäusern und Beisln für sie kein Platz war. Nach dem Profi-Aufschwung mögen hoch dotierte PDC-Turniere und die WM (Frauen könnten sich auch über den allgemeinen Modus qualifizieren) Spielerinnen offenstehen, doch den Frauen fehlen Breite und folglich Vorbilder für den Nachwuchs. So gratulierte Rekordweltmeister Phil Taylor zur Premiere und sah „Großartiges für das Spiel“.

Von Besten lernen

Sherrock ist überzeugt, dass sich der Abstand zu den Weltbesten im direkten Vergleich schneller aufholen lässt. Nach dem WM-Finale der Frauen beim kleineren BDO-Verband 2015 und dem Sieg bei der World Trophy 2018 trat die 25-Jährige heuer auf der zweitklassigen Challenge Tour der PDC an. „Es hat mir definitiv geholfen, gegen Männer zu spielen, ich spiele besser gegen sie“, erklärte die gelernte Friseurin. Obgleich die Einführung einer Frauen-Turnierserie im Raum steht, sieht sie die Zukunft weiterhin mit gemischten Titelkämpfen – mit allen Chancen auf eine Weltmeisterin. „Natürlich kann eine Frau gewinnen. Wir brauchen nur mehr Möglichkeiten, mehr Übung und mehr Zeit auf der Bühne.“

Dass Sherrock bereits jetzt mitspielen kann, hat sie beim Auftaktsieg mit einem Average von 91,12 Punkten bewiesen – nur acht andere Erstrundensieger hatten einen höheren. Am Samstag (22 Uhr, live in Dazn) trifft sie auf Mensur Suljović. Österreichs Ass muss wie zuvor Evetts nicht nur gegen die Gegnerin, sondern auch gegen das Publikum im „Ally Pally“ bestehen.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 19.12.2019)

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