Genervt, skeptisch, siegessicher? Die Gefühle im Männerkopf von Franz Xaver Messerschmidt sind schwer zu deuten – so wie die Begriffe für Emotionen in anderen Sprachen.
Linguistik

Wer "Love" sagt, muss nicht "Liebe" meinen

Meinen Menschen in aller Welt dasselbe, wenn sie von Angst oder Glück reden? Eine Untersuchung von fast 2500 Sprachen zeigt deutliche Differenzen. Was folgt daraus?

Seltsame Sitten haben sie in Papua-Neuguinea. Dort glaubt das indigene Volk der Baininger, dass aufbrechende Gäste eine Schwere zurücklassen, um leichter zu reisen. Dagegen soll eine Schüssel Wasser helfen, die diese Last aus der Luft absorbiert. Man fragt sich: Was soll der urtümliche Unsinn? Dahinter steht „Awumbuk“, das Gefühl einer bedrückenden Leere, wenn die Gästeschar das Haus verlässt. Wer nun meint: Das kenn ich auch!, braucht nicht nach Vorfahren aus der Südsee zu forschen. Das Gefühl ist uns vertraut, es gibt nur kein Wort dafür im Deutschen. So wie unsere „Schadenfreude“ oder „Torschlusspanik“ in anderen Sprachen fehlt – und von den Angelsachsen wörtlich übernommen wurde.

Empfinden also Menschen aller Sprachen und Kulturen Emotionen gleich? Davon gehen die Neurowissenschaftler aus, die Affekte wie Neid oder Stolz in Hirnregionen verorten. Schon Darwin meinte, sechs Emotionen seien für uns biologisch notwendig: Zorn, Angst, Überraschung, Ekel, Glück und Traurigkeit; der Rest lasse sich wie in Familien zuordnen. Dann gälte: Ob „cabsi“ auf Somalisch, „takot“ in Tagalog oder „ótti“ auf Isländisch – alles bedeutet dieselbe „Angst“. Doch es gibt Zweifel am Universalismus. In Asien verwunderte schon Darwins Auswahl, dort gilt etwa Scham als mindestens ebenso wichtig. Was die konträre Theorie plausibel macht: Emotionen sind kulturell geformt. Wir lernen ihren Gebrauch durch Sozialisation und fassen sie in unsere Sprache, die damit anderes meint als andere.

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:


Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.