Fahrbericht

Mini Clubman JCW: Geprickelt hat's früher mehr

Mehr Radstand als der normale Mini, fast so lang wie ein Golf – und hier mit über 300-Allrad-PS: Mini Clubman John Cooper Works.
Mehr Radstand als der normale Mini, fast so lang wie ein Golf – und hier mit über 300-Allrad-PS: Mini Clubman John Cooper Works.(C) Werk
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Mini hat sich ein Wohlstandsbäuchlein zugelegt – das kann der Clubman auch im John-Cooper-Works-Trainingsanzug nicht verbergen.

Als BMW im Jahr 2001 mit dem neuen Mini kam, verklärte man gern das Original: technischer Meilenstein, in der Größe (oder Kleinheit) dem Namen entsprechend, als Ikone der Sixties sowieso mit höchstem Kultfaktor. Aber einen Unfall wollte man mit dem Kleinen nicht haben. Und der Neue fand seine Fans auf Anhieb.

Für nostalgische Huldigung ist inzwischen auch die Neuinterpretation schon lang genug auf der Welt. Die frühen Modelle – was waren sie nicht leicht und hetzig! Als Spezialvergnügen galt der Kompressormotor in den schärferen Varianten. Die stärkste, John Cooper Works, kam auf 211 PS.

Eine Besonderheit auch der Clubman (ab 2007) mit verlängertem Radstand, Portaltüren am Heck und hinterer Türe nur auf einer, der rechten Seite. Uns gefiel dieser asymmetrische Spleen.

Der aktuelle Clubman hat sich immerhin die „Split Doors“ bewahrt – originell und für die meisten Belange nicht unpraktisch. Netter Effekt: das Öffnen per Fernbedienung, wenn zuerst die eine, dann die andere Tür aufspringt. Sonst ist er ganz konventionell und den Kleinwagen übrigens längst entwachsen: Der neue Golf ist keine zwei Zentimeter länger.

Die Heckleuchten quer statt hoch - und statt einer Klappe Split Doors am Heck: Mini Clubman in JCW-Trimm.
Die Heckleuchten quer statt hoch - und statt einer Klappe Split Doors am Heck: Mini Clubman in JCW-Trimm.

In Minis Spitzenmodellen hat der freudig jaulende Kompressor schon länger ausgedient, als wertvoller Beitrag zum Spritsparen gilt er schließlich nicht. BMW-Gewächse treiben an, und die haben Turbo. So auch der Zweiliter-Vierzylinder des Clubman John Cooper Works, hier in TwinScroll-Variante, also mit zwei Laufrädchen – ergibt 306 PS, ein imposanter Wert, jedenfalls nach früheren Maßstäben. Ausgemustert wurde auch die manuelle Getriebevariante für den John Cooper Works, es waltet seither eine Achtgang-Automatik, und Allradantrieb ist obligatorisch.

Im Geläuf einer abgelegenen, anregend geschwungenen Landstraße weiß das Paket seine Effizienz unter Beweis zu stellen. Der Sportmodus ist aktiviert, die Schaltarbeit per Paddles in die eigene Hand genommen. Während der Motor schön Druck macht und sich um akustische Rennsport-Atmosphäre bemüht, begeistert das Getriebe mit Schnelligkeit. Das taube Lenkgefühl und das mittlerweile stattliche Gewicht des Autos schmälern freilich das „Gokart-Feeling“, wie es sich Mini gern auf die Fahnen heftet.

Von fahrdynamischem Purismus ist der JCW weit entfernt. Für die meiste Zeit des Gebrauchs wird das vermutlich nicht abgehen. Der starke Clubman ist nicht ungut hart gefedert oder sonst wie unbequem im Alltag. Er zeigt aber auch das Dilemma von Autos dieser Bauart auf. Just wenn man eine gute Gelegenheit für einen reschen Zwischenspurt wahrnimmt und das Gaspedal mit einem festen Tritt einebnet, passiert: nichts. Länger als eine Sekunde dauert es, bis der richtige Gang angewählt, der Lader auf Touren ist, die Regelsysteme den Schub freigeben – dann ist es schon wieder zu spät: Danke, hat sich erledigt! Die 300-PS-Genickwatsche braucht man jetzt auch nimmer.

Gurkt man ständig im Sportmodus herum, ist die Reaktionszeit kürzer, aber diese Gangart in leicht erhöhter Hysterie mit Auspuff-Concerto und aufgeregten Drehzahlen bietet keinen Fahrkomfort. Im alten Kompressor-Mini, vom Wesen viel charismatischer und spontan ansprechend, konnte man den innewohnenden Sportler schneller von der Leine lassen – er war immer spürbar Teil des Geschehens. Ihm würde der heutige JCW auf der Rennstrecke zwar keine Chance lassen. Aber geprickelt hat's früher mehr.

MINI CLUBMAN J. COOPER WORKS

Maße: L/B/H: 4266/1800/1441 mm, Radstand: 2670 mm, Kofferraumvolumen: 360 bis max. 1250 l, Leergewicht: 1625 kg (EU), Allrad, 8-Gg.-Automatik
Motor: R4-Zylinder-Otto-Turbo, 1998 ccm, Leistung: max. 225 kW (306 PS), max 450 Nm., 0–100 in 4,9 sec, Vmax 250 km/h, Testverbrauch: 8,2 l/100 km

Preis: ab 48.100 Euro

("Die Presse", Print-Ausgabe, 20.12.2019)

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