Gastkommentar

Krankenstand braucht neue Regeln

Der Überleitungsausschuss der ÖGK fand vorerst nur einen Minimalkonsens.
Der Überleitungsausschuss der ÖGK fand vorerst nur einen Minimalkonsens.(c) APA/HERBERT PFARRHOFER (HERBERT PFARRHOFER)
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Die Arbeitgeber sind damit gescheitert, neue Regeln für den Krankenstand durchzusetzen. Dabei gäbe ein Wegfall des Informationsgefälles auch Arbeitnehmern Sicherheit.

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Wien. War es nur viel Lärm um nichts? Vorige Woche sickerte durch, dass die Arbeitgebervertreter die Regeln für die Kontrolle von Krankenständen verschärfen wollten. Doch die Forderung, bei Krankenständen auch die exakte Diagnose zu erfahren, überspannte offenbar den Bogen. Am Ende der Sitzung des Überleitungsausschusses blieb in der „Krankenordnung“ also vorerst alles beim Alten – die Arbeitgeber werden damit auch keine Möglichkeit bekommen, bei Krankenständen von Mitarbeitern eine Überprüfung durch die Sozialversicherung anzuordnen.

Dabei hätte eine Neuregelung der Überprüfungsrechte sowohl für Arbeitnehmer als auch Arbeitgeber durchaus als positives Signal gewertet werden können. Die Erfahrung zeigt nämlich, dass die bestehende Rechtslage nicht nur eine Fülle von Missbrauchsanreizen bietet, sondern auch zu erheblicher Rechtsunsicherheit beim Thema Krankenstandspflichten führt.

Aktuell haben Arbeitgeber lediglich Anspruch darauf, vom Arbeitnehmer eine ärztliche Bestätigung des Krankenstandes zu verlangen, die zumindest den Beginn des Krankenstandes ausweist – eine ausdrückliche Pflicht zur Benennung der (voraussichtlichen) Dauer besteht nur bei Arbeitern.

Kontrollmöglichkeiten fehlen

Die Diagnose oder die Verhaltenspflichten des Mitarbeiters während des Krankenstandes müssen in der ärztlichen Bestätigung nicht angegeben werden. Auch gibt es keine gesetzlich festgelegten Rechte der Arbeitgeber, das tatsächliche Vorliegen einer Erkrankung, die sich daraus ergebende Arbeitsunfähigkeit oder ein gesundheitsförderndes Verhalten der Mitarbeiter während des Krankenstandes zu kontrollieren.
Dieser Mangel an Überprüfungsmöglichkeiten steht in einem Spannungsverhältnis mit der von der Rechtsprechung klar anerkannten Pflicht von Mitarbeitern, während des Krankenstandes alles zu unterlassen, was objektiv zu einer Gefährdung des Genesungsprozesses beiträgt. Ein Verstoß gegen diese Verpflichtung kann sogar eine Entlassung rechtfertigen.

Wie kann der Arbeitgeber aber feststellen, ob sich der Mitarbeiter genesungsfördernd und damit rechtmäßig verhält, wenn er nicht weiß, woran dieser erkrankt ist und welches Verhalten medizinisch indiziert ist? In der Praxis führt dies oft dazu, dass Arbeitgeber bei einem vermuteten Krankenstandsmissbrauch verdeckte Beobachtungen (z. B. durch Detektive) beauftragen oder gleich eine Entlassung auf Verdacht aussprechen.

Wenn der Mitarbeiter dann gerichtlich gegen die Entlassung vorgeht, muss regelmäßig ein aufwendiges Beweisverfahren zur Rechtmäßigkeit des Krankenstandes und zu eventuellen Missbrauchshandlungen durchgeführt werden. Spätestens zu diesem Zeitpunkt muss der Mitarbeiter auch den behandelnden Arzt als Zeugen aussagen lassen, um die Richtigkeit der Krankenstandsmeldung bestätigen zu können. All dies ist nicht nur für den Arbeitgeber, sondern auch für den Mitarbeiter mit einer hohen finanziellen und psychischen Belastung verbunden. Egal, wie das arbeitsrechtliche Verfahren ausgeht, an eine Fortführung des Arbeitsverhältnisses ist dann kaum mehr zu denken.

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