Am 1. Juli übernimmt Bogdan Roščić die Direktion der Staatsoper. Was wird er ändern? Was will er im Repertoire? Ein Gespräch über „Lohengrin“ und „Médée“, E und U, Currentzis, Mahler und Fahrradfahren.
Die Presse: Wie waren Ihre ersten Begegnungen mit der Kunstform Oper?
Bogdan Roščić: Da stehe ich wahrscheinlich tief in der Schuld des Österreichischen Rundfunks. Ich glaube Dezember 1978, FS2, neue „Carmen“ aus der Wiener Staatsoper mit Carlos Kleiber . . . Bis heute kann man Bootlegs davon kaufen, eine Sternstunde. Aber wirklich losgegangen ist es bei mir mit der „Don Giovanni“-Aufnahme, die sozusagen als Soundtrack des Films von Joseph Losey entstanden war. Die kann man trotz des jungen Raimondi heute nicht mehr so ganz ernst nehmen, aber mir ging es damals nicht um die Aufnahme, sondern um das Kennenlernen des Werks Takt für Takt. Das war ein ungeheures Erlebnis, ich hatte mich bis dahin bei Klassik fast nur mit Instrumentalmusik beschäftigt.
Gibt es eine Oper – oder vielleicht auch nur eine Szene einer Oper –, die Sie jemandem zeigen würden, um ihn für dieses Genre zu begeistern?
Es ist sehr unangenehm, nur eine solche Szene aussuchen zu sollen, aber wenn schon, dann wohl das Finale zweiter Akt „Figaro“. Wie da sieben Personen von innen nach außen gestülpt werden in einer riesigen Szene, die sich auftürmt Schritt für Schritt, beginnend bei einem Duett bis zu einem Ensemble für sieben Stimmen . . . Das ist ein Weltwunder. Hätte Mozart sonst nichts geschrieben in seinem Leben, es hätte trotzdem für den Olymp gereicht.