Gastkommentar

Die Illusion von einem fairen Wohnungsangebot

(c) Peter Kufner
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Es braucht leistbare Wohnmöglichkeiten, vor allem für junge Menschen.

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Die vergangene Nationalratswahl war für alle politischen Mitbewerber wieder Anlass, ihre Vorschläge für ein leistbares Wohnen zu propagieren. Bei all den Vorschlägen für faire Wohnungsangebote, wird aber das noch aus der Zeit des Ersten Weltkriegs und danach geführte strikte Wohnrechtsregime mit Eintrittsrecht auch für Kinder und Enkel in bestehende Mietverträge für Altbauten vernachlässigt.

Gerade hier wäre einmal anzusetzen: So gibt es Wiener Zinshäuser mit prachtvollen Altbauwohnungen, die einen Mietzins von unter einem Euro aufweisen und daher in der Erhaltung problematisch sind, zugleich aber den Nachfahren der Altmieter ungleich billiges Wohnen ermöglicht. Ebenso ist die Mietzinsobergrenze von durchschnittlich fünf bis sechs Euro pro m? für Altbauten nicht geeignet, ein faires Wohnungsangebot zu gewährleisten, da es sich um eine Verletzung des Gleichheitsgrundsatzes handelt.

Leider hat der VfGH eine diesbezügliche Beschwerde mit der Begründung verworfen, dass es sich hierbei um ein „soziales Korrektiv“ handle, das aufrechterhalten werden muss. Genau das Gegenteil ist der Fall. Die Position wird auch von der SPÖ vehement verteidigt, ohne zu sehen, dass es sich um den klassischen Fall einer Ungleichbehandlung handelt, der die Mieter von Neubauwohnungen benachteiligt.

Mietpreise steigen jährlich

Fakt ist, dass die Preise für Mieten je nach Lage und Bezirk bis zu fünf Prozent und mehr pro Jahr steigen, während die Inflationsabgeltung bei Kollektivverträgen regelmäßig darunter liegt. Daraus resultiert eine schleichende Verteuerung des Wohnens in Mietwohnungen. Es müsste daher ein gesetzliches Regulativ geschaffen werden, das die Erhöhung der Mietpreise mit der durchschnittlichen Erhöhung des Verbraucherpreisindex begrenzt.

Zweitens ist es faktisch unmöglich für junge Menschen, eine Eigentumswohnung anzuschaffen. Auch hier müsste der Gesetzgeber Förderungen einführen, die es auch jungen Menschen mit geringem Einkommen ermöglichen, Wohnungseigentum zu erwerben. Die Festlegung des maximalen Nettoeinkommens könnte mit einem prozentuellen Zuschlag zur Mindestsicherung definiert werden. In Deutschland hat dieses Problem bereits eine gewaltige politische Brisanz, die Forderungen gehen bis zur Enteignung von Hauseigentümern.

Die politischen Parteien sind aufgerufen, über ihre eingefahrenen Vorstellungen von Wohnrechtsregulativen hinaus Bestimmungen zu schaffen, die auch für junge Menschen ein faires Wohnungsangebot gewährleisten. Dazu gehört einerseits die Abschaffung der Vererblichkeit der Altbauwohnungen, andererseits die Schaffung von Förderungsinstrumenten, die auch jungen Menschen den Kauf einer Eigentumswohnung etwa im Sinn eines Ansparmodells erschwinglich machen.

Dr. Johannes Sääf (* 1951) ist Hochschuldozent für Europarecht und Staateninsolvenz sowie Unternehmensberater in Wien.

E-Mails an:debatte@diepresse.com

("Die Presse", Print-Ausgabe, 30.12.2019)

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