Pizzicato

Der letzte Drink im Stone Club

Zehn Bier im Sturzflug und die Eingangstür fest im Visier. Die rettende Kavallerie, die kommt heut nicht mehr. Wie nach vier Jahrzehnten zum Jahreswechsel eine Legende abtreten wird.

Heut Nacht wird dir klar, dass der liebe Gott dich nicht liebt. Dass sich der Tag der Erlösung noch etwas verschiebt. Zehn Bier im Sturzflug und die Eingangstür fest im Visier. Die rettende Kavallerie, die kommt heut nicht mehr.“ (Element of Crime: „Kavallerie")

Ja, ja, die Gläser sind geleert, die Flaschen innen nur noch beschlagen, die Musik hat geendet, geraucht werden durfte schon seit Wochen nicht mehr, die Gespräche sind verfahren, und der Morgen graut.

Es kommt ein neues Jahr, jetzt geht wieder alles von vorne los.

An diesem Neujahrstag 2020 allerdings endet eine Legende. Die rettende Kavallerie wird nicht kommen, die Gläser bleiben leer, die Boxen tot, Aschenbecher sowieso. Es ist ein versteckter Ort, der seit 41 Jahren besteht, sechs Nächte die Woche voll war, wo internationale DJs auflegten und Promis wie Nelson Piquet, Caroline von Monaco, Friedrich Gulda und Falco tranken. Und allerhand Politiker. Who cares. Wodka-Wasser war das Hausgetränk.

Mein erster Drink dort war 1989, da tönten Simple Minds, The Cure, Camouflage. Die Welt war noch relativ vielversprechend, unauslotbar und politisch nicht korrekt. Eine Bar, im dunklen englischen Stil mit Mahagoniholz, allerhand Kunst und vielen harten Drinks, mit 28 m2 kaum größer als die berühmte Loos-Bar in Wien: der Stone Club in der Altstadt von Feldkirch. Der Konditor Klaus Feurstein (*1952) hat sie 1978 gebaut und zu einem der ersten coolen Lokale der Region (wir wollen nicht Szenelokal sagen) gemacht.

Nun sei er zu alt, sagt er, es wundert wenig, und Jahrzehnte voll durchlebter Nächte mit allem Zubehör kosten ihren Preis. Sein Nachfolgemodell wolle die Stadt als Verpächterin leider nicht. Lange Geschichte. Es gibt eine Unterschriftenaktion deswegen. Man stelle sich vor, in Wien macht die Loos-Bar zu.

Es ist sehr bitter, wenn so große kleine Dinge enden. Aber wie heißt's bei Charles Bukowski: „,Der erste Drink ist der beste', sagte sie. – ,Ja, und der letzte auch', erwiderte er."

Der Wirt wird das wissen. Speziell das mit dem ersten Drink dort, vor 41 Jahren. (wg)

Reaktionen an: wolfgang.greber@diepresse.com

("Die Presse", Print-Ausgabe, 30.12.2019)

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