Angriff auf Polizisten

Linke Gewalt in Leipzig? Deutschland diskutiert über Vorfälle in Silvesternacht

Die Polizei war in Leipzig-Connewitz mit Gewalt von Feiernden konfrontiert. Auch ein brennender Einkaufswagen wurde in Richtung der Beamten gerollt.
Die Polizei war in Leipzig-Connewitz mit Gewalt von Feiernden konfrontiert. Auch ein brennender Einkaufswagen wurde in Richtung der Beamten gerollt.APA/AFP/dpa/SEBASTIAN WILLNOW
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In Leipzig-Connewitz wurde ein Polizist bei einem Einsatz im als linksalternativ geltenden Viertel schwer verletzt. Was genau an dem Abend passiert ist, darüber gibt es unterschiedliche Interpretationen.

Deutschland hat wieder eine Diskussion über einen Vorall in der Silvesternacht. Und wieder wird darüber diskutiert, was eigentlich in welchem Ausmaß tatsächlich vorgefallen ist. Es geht um einen Angriff auf Polizisten. Insgesamt wird gegen 13 Verdächtige ermittelt. Schauplatz des umstrittenen Polizeieinsatzes: das als linksalternativ geprägt geltende Leipziger Stadtviertel Connewitz.

Mehreren Beschuldigten werden Angriffe auf Polizisten und Körperverletzung vorgeworfen. Gegen unbekannt wird in einem Fall sogar wegen Mordversuchs ermittelt. Ein Mann soll einem Polizisten den Helm vom Kopf gerissen haben - aus „niederen Beweggründen“, wie es die Staatsanwaltschaft formuliert. Der Mann sei attackiert worden, weil er Polizist ist. Deswegen werde wegen Mordversuchs ermittelt, nicht wegen versuchten Totschlags.

Eskalation zum Jahreswechsel

Kurz vor Mitternacht war die Situation am Connewitzer Kreuz eskaliert. Dort wollten mehr als 1000 Menschen das neue Jahr begrüßen. Es kam zu Auseinandersetzungen zwischen mehreren Gewalttätern mit der Polizei. Ausgangspunkt der Gewalt soll ein Angriff auf einen Beamten der Bereitschaftspolizei gewesen sein, wie der „Spiegel“ berichtet. Dem 38-Jährigen sei der Helm vom Kopf gerissen worden. Er verlor das Bewusstsein und musste im Krankenhaus operiert werden.

Die Informationen über den Gesundheitszustand des Polizisten wurden unterschiedlich interpretiert. In der ursprünglichen Meldung der Polizei war von einem „schwer verletzten“ Polizisten die Rede, der „notoperiert werden musste“. Die Zeitung „taz“ berichtete hingegen - informiert aus „Krankenhauskreisen“ -, dass der Beamte unter lokaler Betäubung am Ohr behandelt worden sei und man über den Begriff „Notoperation“ im Krankenhaus einigermaßen erstaunt sei. Ein Polizeisprecher wies Vorwürfe, man habe falsch kommuniziert, zurück. Der Beamte sei „schwer verletzt“ und habe „dringlich operiert“ werden müssen. Von Lebensgefahr sei bei den Leipziger Kollegen nie die Rede gewesen.

Für Verwirrung sorgten außerdem Medienberichte, die meldeten, der Beamte sei mit Helm am Kopf ins Krankenhaus gebracht worden. Inzwischen hat die Staatsanwaltschaft neue Details veröffentlicht. Der Beamte sei bewusstlos ins Krankenhaus eingeliefert worden. Der Leipziger Polizeipräsident Torsten Schultze sagte der „Leipziger Volkszeitung“, der Polizist habe ein „Schädel-Hirn-Trauma“ erlitten. Im Laufe des Neujahrestags soll er das Krankenhaus aber verlassen haben.

Wer hat angefangen?

Aber es ist nicht nur der Grad der Verletzung eines Polizisten, über die - zumindest in der öffentlichen Kommunikation - Uneinigkeit herrscht. Denn die große Frage ist: Wer hat angefangen? Da stellen Polizei und Augenzeugen die Lage durchaus unterschiedlich dar. Auf Twitter macht die Polizei „vermeintlich 'friedlich' feiernde Personen“ verantwortlich. Andere Twitter-User, nach eigenen Angaben Augenzeugen, sprechen von aggressivem Verhalten der Beamten.

Das Landeskriminalamt erklärte am Donnerstag, das Viertel sei aufgrund mehrerer Veranstaltungen am Silvesterabend ein „räumlicher Einsatzschwerpunkt“ gewesen. Ab 0.15 Uhr seien Beamte der Bereitschaftspolizei aus einer größeren Gruppe „mit Steinen, Flaschen und Feuerwerkskörpern beworfen“ worden. Ein brennender Einkaufswagen - als Streifenwagen dekoriert - sei in Richtung der Polizei geschoben worden.

Beim Versuch, einen der mutmaßlichen Täter festzunehmen, seien drei Polizisten dann von 20 bis 30 Personen angegriffen worden, die „zumindest teilweise vermummt“ gewesen seien. „Die Täter rissen den Beamten die Einsatzhelme vom Kopf, brachten diese zu Fall und wirkten massiv auf sie ein“, heißt es in der Stellungnahme des LKA. In den folgenden Tumulten in Connewitz wurden 22 Beamte leicht verletzt. Einer der Randaliere trug ebenfalls Verletzungen davon.

Kritik an Polizeieinsatz

Und so wurde der Vorfall in Leipzig naturgemäß auch zum Politikum. Die neue SPD-Co-Chefin Saskia Esken fordert eine Überprüfung des Polizeieinsatzes. Sollte eine falsche Einsatztaktik die Polizistinnen und Polizisten "unnötig in Gefahr gebracht haben", liege die Verantwortung dafür beim sächsischen Innenminister Roland Wöller (CDU), sagte Esken in Interviews mit den Zeitungen der Funke Mediengruppe. Ein Vorbild sei in dieser Hinsicht die Berliner Polizei, die eine wirksame Deeskalationsstrategie entwickelt habe. Die Landtagsabgeordnete der Linken, Juliana Nagel, warf der Polizei „kalkulierte Provokation“ vor. Innenminister Horst Seehofer stellte sich hinter die Polizei. Die Tat von Leipzig zeige, dass „menschenverachtende Gewalt“ auch von „Linksextremisten“ ausgehe, so Seehofer in einer Stellungnahme.

(Red.)

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