Grüne Gremien

Pilz warnt Delegierte: "Kurz will die Grünen ruinieren"

Die Grünen Ulrike Lunacek, Rudolf Anschober, Leonore Gewessler, Sigi Maurer, Werner Kogler, Birgit Hebein und Alma Zadic vor Beginn des erweiterter Bundesvorstands der Grünen.
Die Grünen Ulrike Lunacek, Rudolf Anschober, Leonore Gewessler, Sigi Maurer, Werner Kogler, Birgit Hebein und Alma Zadic vor Beginn des erweiterter Bundesvorstands der Grünen.APA/BARBARA GINDL
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Peter Pilz schlägt seiner Ex-Partei vor, das Regierungsprogramm nachzuverhandeln, um diesem die "blauen Giftzähnen" zu ziehen. Indes kommen die Grünen zu ihren Gremiensitzungen zusammen.

Die grünen Gremien sind am Wort: Freitagmittag begann in Salzburg - Bundessprecher Werner Kogler und seine Regierungsmannschaft reisten per Zug an - der Erweiterte Bundesvorstand, bevor am Samstag der Bundeskongress als höchstes Gremium der Partei über das türkis-grüne Regierungsprogramm befinden wird. Während Vertreter der Länder vorab von einer Mehrheit für den Koalitionspakt ausgingen, waren am Freitag auch kritische Stimmen zu hören. Zum einen unterstellte Wiens SPÖ-Bürgermeister Michael Ludwig den Grünen, im Verhandlungsprozess schlecht abgeschnitten zu haben, nur, um in die Regierung zu kommen. Zum anderen setzte der Ex-Grüne Peter Pilz zu einer Warnung an: ÖVP-Obmann Sebastian Kurz wolle „die Grünen ruinieren - als dritte Partei nach SPÖ und FPÖ. Genau wie damals Schüssel.“ 

Konkret: „Ich warne die grünen Delegierten: Wenn Ihr zustimmt, schnappt die Kurz-Falle zu“, sagte Pilz am Freitag im „Standard“. „Der einzig intelligente Ausweg ist nachzuverhandeln und diesem Programm die blauen Giftzähne zu ziehen“, meinte Pilz, der 1986 für die Grünen erstmals ins Parlament einzog und sie 2017 verließ, um die „Liste Peter Pilz“, mittlerweile „Liste Jetzt“ zu gründen.

Seine Argumentation: „Die Grünen haben Kurz völlig überraschend das Vetorecht bei CO2-Steuern gegeben, da sie ohne Not die Einrichtung einer Taskforce akzeptiert haben – und sie haben selbst ihr Vetorecht im Migrationsbereich abgegeben, wo im Krisenfall ÖVP und FPÖ die Grünen überstimmen dürfen. Und sie machen mit der Sicherungshaft erstmals selbst FPÖ-Politik“, zählte Pilz Verhandlungsverfehlungen auf. Seiner Ansicht nach handelt es sich um ein „türkises Regierungsprogramm“ mit einigen „grünen Farbtupfen“. 

„Kurz wird grünes Beiwagerl gegen blaues austauschen“ 

Angesprochen auf das paktierte Transparenzpaket, gab sich Pilz ebenfalls wenig zufrieden: „"Die vorgeschlagene Form der Rechnungshof-Kontrolle kann nie funktionieren, da der Rechnungshof nur anlassbezogen bei 'begründetem Verdacht' prüfen soll. Aber das Element der Überraschung durch eine Stichprobenkontrolle ist bei der Kontrolle ja das Wichtigste.“ Die Volkspartei, so Pilz' Vermutung, habe davor aber Angst.

Vorwürfe wolle er seinen ehemaligen Parteigenossen freilich keine machen, betonte Pilz am Freitag, aber es sei ein Faktujm, dass „in der ÖVP einfach Profis sitzen, die einmal Zugeständnisse erlauben, die dann wieder zurückziehen“. So geht Pilz davon aus, dass Kurz „sein Programm mit den Grünen abarbeiten“ werde und „dazwischen wird er das grüne Beiwagerl gegen das blaue austauschen und gegen die Grünen regieren“, und letztlich „wieder die nächste türkise Runde mit den Grünen drehen".

Fahrplan

Am Freitag trifft der erweiterte Bundesvorstand der Grünen zusammen. Für 19 Uhr ist ein Statement von Werner Kogler geplant.

Am Samstag tagt das größte Gremium der Grünen, der Bundeskongress (275 Delegierte) - und zwar ab 10.00 Uhr unter Ausschluss der Öffentlichkeit, ab 13.00 Uhr medienöffentlich. Nach einer Rede von Kogler mit nachfolgender Debatte stimmt das Gremium über Regierungsbeteiligung, Koalitionspakt und das grüne Regierungsteam ab. Kommt es zum erwarteten Ja, ist der Weg zur Angelobung der türkis-grünen Regierung durch Bundespräsident Alexander Van der Bellen frei.

>>> Peter Pilz im Interview mit dem „Standard“ 

(hell)

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