"Krone": Imperium ohne Kronprinz

Auf den Verlag kommen schwierige Zeiten zu.

Fast drei Millionen Leser, eine Auflage von rund einer Million, 670.000 Abonnenten, eine Reichweite von über 40 Prozent: Die „Kronen Zeitung“ ist das mit Abstand größte Printmedium Österreichs. Die fünf nächstgereihten Zeitungen haben gemeinsam nicht so viele Leser wie das Flaggschiff in der Wiener Muthgasse. Gemessen an der Einwohnerzahl ist die „Krone“ eine der größten Tageszeitungen der Welt. Zum Vergleich: Die ebenfalls nicht brustschwache deutsche „Bild“-Zeitung bringt es nur auf eine Reichweite von siebzehn Prozent.

„Hans Dichand ist die Kronen Zeitung“, hat Raiffeisen-Generalanwalt Christian Konrad einmal gesagt. Dichands besondere Rolle schlug sich auch im Einkommen nieder: Dem alten Mann stand ein Vorabgewinn von 700.000 Euro pro Monat zu – ganz egal, wie viel der Verlag verdiente.

Die Geschäftszahlen waren zuletzt nicht so toll wie der Erfolg auf dem Lesermarkt. Die Mediaprint, eine gemeinsame Verlagsgesellschaft der Tageszeitungen „Krone“ und „Kurier“, erwirtschaftete im Geschäftsjahr 2008/09 einen operativen Verlust von 6,5 Millionen Euro. Bei der „Krone“ fiel der Jahresgewinn auf 13 Millionen Euro und das Eigenkapital auf fünfzehn Prozent. Der monatliche Aderlass für Hans Dichand war da nur schwer zu verkraften. Bodo Hombach, Geschäftsführer des „Krone“-Hälfteeigentümers Westdeutsche Allgemeine Zeitung (WAZ) jammerte vor ein paar Monaten: „Die Verträge verpflichten uns, selbst bei einem Verlust der Krone einen Vorabgewinn auszuzahlen und gewähren uns kaum verlagswirtschaftlichen Einfluss.“

Die Verflechtungen mit dem Kurier datieren aus dem Jahr 1988. Damals hatten die zwei Tageszeitungen ihre Druck-, Vertriebs- und Verwaltungsaktivitäten in der Mediaprint zusammengelegt. Die WAZ hält 50 Prozent an der „Krone“, die andere Hälfte gehört der Familie Dichand. Der Kurier gehört ebenfalls fast zur Hälfte der WAZ, Mehrheitseigentümer ist Raiffeisen.

Lange hatte diese Konstruktion gut funktioniert. Doch dann kam es zu Spannungen, die im Jahr 2003 eskalierten. Anlass war die Bestellung von Dichands Sohn Christoph zum Chefredakteur der „Krone“. Die WAZ hielt den damals 38jährigen für ein zu kleines Kaliber, Dichand beharrte auf dynastischer Erbfolge. Sein zweiter Sohn Michael, von Beruf gescheiterter Biobauer, leistete ebenfalls einen Beitrag zum Eklat. In einem Interview mit dem Magazin „Der österreichische Journalist“ warf er der WAZ vor, in Kroatien mit der Mafia zusammenzuarbeiten.

Scheidungsversuche

Die beiden Streitparteien trafen einander mehrfach vor Gericht, bemühten schließlich ein Schiedsgericht und beruhigten sich irgendwann wieder halbwegs. Eine herzliche Zusammenarbeit wurde aus der Partnerschaft aber nicht mehr. Immer wieder war von Trennung die Rede. Dichand selbst liebäugelte gerne damit, die WAZ auszukaufen und wieder ganz alleine Herrscher in der Muthgasse zu werden.

Der letzte Scheidungsversuch liegt noch nicht lange zurück. Zu Pfingsten lief eine Angebotsfrist aus, die WAZ-Geschäftsführer Christian Nienhaus seinen Mediaprint-Mitgesellschaftern – also der Familie Dichand und Raiffeisen – gesetzt hatte. Doch es kam kein Angebot. Woran es scheiterte, wurde nicht bekannt gegeben. Raiffeisen-Generalanwalt Christian Konrad würde sich dem Vernehmen nach äußerst gerne in die „Krone“ einkaufen. Er soll auch bereits beim Kartellgericht vorgefühlt haben, ob so ein Deal Chancen auf Genehmigung habe. Die Signale seien positiv gewesen, heißt es.

Mit dem Tod Hans Dichands bekommt die WAZ nun mehr Rechte. Einen Alleingeschäftsführer wird es bei der „Krone“ wohl nicht mehr geben. Wer Dichands Nachfolge antreten soll, ist unklar. Sohn Christoph gilt als schüchterner Typ und kommt für die Rolle kaum in Frage. Seine Frau Eva, Herausgeberin des Wiener Gratisblatts „Heute“, dürfte beim Rest der Familie nicht den nötigen Rückhalt genießen.

(c) APA

Hans Dichand hat keinen Kronprinzen aufgebaut und sich bis zuletzt damit gebrüstet, im Haus den Ton anzugeben. Er wolle eines Tages in seinem Büro sterben, sagte er des öfteren. Dieser Wunsch wurde ihm nun nicht erfüllt.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 18.06.2010)

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