Vierschanzentournee

Skispringen im Klimawandel: "Umdenken muss stattfinden"

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Als der Skiclub Bergisel seine Schanze für die Vierschanzentournee bereit machen wollte, hatte es 17 Grad Plus. Alfons Schranz, der Chef des Organisationskomitees, hatte die Vorbereitungen in diesen Vorweihnachtstagen bereits gestoppt.

Als der Skiclub Bergisel seine Schanze für die Vierschanzentournee bereit machen wollte, hatte es 17 Grad Plus. Alfons Schranz, der Chef des Organisationskomitees, hatte die Vorbereitungen in diesen Vorweihnachtstagen bereits gestoppt. "Wir haben zwar sehr viele Schneereserven, aber das hätte nichts gebracht." Im Skispringen, sagt Schranz, "da muss vielleicht ein Umdenken stattfinden."

Mittlerweile befindet sich die Bergiselschanze rechtzeitig zum großen Höhepunkt in einem Topzustand. Doch die für Dezember-Tage sehr hohen Plusgrade erlebte Schranz nicht zum ersten Mal. Er wird wenig konkret, wenn es um die Zukunft des Skispringens geht, räumt aber ein: "Mit Gewalt etwas durchführen, weil es immer so war, kann es nicht sein."

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Schranz, seines Zeichens auch Vizepräsident des Österreichischen Skiverbandes (ÖSV), sorgt sich um die Planungssicherheit zukünftiger Springen am Bergisel. Dabei ist der Raum um Innsbruck, wenn man die Tournee-Gebiete an ihrer Höhenlage misst, so etwas wie die letzte Bastion gegen den Klimawandel. "Bei allen, die in tiefen Lagen sind, da wird das sehr schnell schwieriger werden. Wir sagen immer: Wenn wir auf 1.300 m nicht mehr beschneien können, dann gibt es sowieso keinen Schnee fürs Skispringen mehr."

In dieser "glücklichen Lage", wie Schranz sagt, sind längst nicht alle Weltcup-Orte. In Oberstdorf, dem ersten Tournee-Stopp, musste Schnee von Parkplätzen zusammengekratzt werden. Schranz: "Die haben auch bei uns angefragt und hätten auch Schnee geholt, wenn es von der Menge in einem vernünftigen Ausmaß gewesen wäre." War es aber nicht. Schranz beschäftigt als Veranstalter natürlich auch die Kostenfrage. Den Schnee um des Schnees willen Hunderte Kilometer weit zu transportieren, sei irgendwann nicht mehr zielführend. Die 246 LKW-Ladungen für das Bergiselspringen 2020 sind bereits jetzt teuer. Wie teuer, das bleibt ein wohlbehütetes Geheimnis.

"Man sagt, Skispringen soll in einer Winterlandschaft stattfinden, aber ich glaube, das können wir uns in 20, 30 Jahren abschminken", sagte Alexander Stöckl, der Tiroler Cheftrainer der Norweger zuletzt zur "Tiroler Tageszeitung". Stöckl sieht seinen Sport an einer Weggabelung. "Der Internationale Skiverband wird sich irgendwann überlegen müssen, auf Mattenspringen umzustellen. Das ist eine Grundsatzentscheidung."

Die Zukunft auf der Matte?

Versuche mit solchen Matten gibt es bereits seit längerem. Ingo Hopfgartner und sein in Kärnten beheimatetes Team von "Alpina Sicherheitssysteme" haben "TexSnow", quasi technischen Schnee entwickelt. "Angefangen hat die ganze Schnapsidee mit dem Walter Hofer (FIS-Renndirektor Skispringen, Anm.) vor sechs Jahren. Wir haben gesagt: Wenn wir beide in Pension gehen, dann machen wir am 21. Juni um elf Uhr in der Nacht in Vikersund ein Skifliegen", sagte Hopfgartner. Er will das als Auftrag verstanden haben. "Und ich habe eine Matte entwickelt, wo du 365 Tage im Jahr Schneesport machen kannst." Sein Team zieht währenddessen im Hintergrund die Windnetze für das Bergiselspringen auf.

Das Konzept mit den beschichteten Matten, bestehend aus Polyamid (wasseraufnehmend) und Polyethylen (Gleitfaktor), wurde bisher höchstens auf Bakken mit Weiten bis zu 70 m getestet. Es ist aber von der FIS genehmigt und absolut Weltcup-tauglich, meint Hopfgartner. "Das ist nur eine Frage des Mutes von Verbänden und Unternehmer."

Hopfgartner experimentiert gerne. Zuletzt wurde eine Langlauf-Matten-Loipe entwickelt, die TU Graz hat Gleittests durchgeführt. "Die Sportler sagen, das ist wie auf Schnee." Es gebe Gespräche mit dem ÖSV, so Hopfgartner. "Über eine Kooperation." Er hat vorerst den Nachwuchssport im Auge: "Ich will die Jugend wieder zum Sporttreiben animieren." Das Konzept - umgesetzt etwa in Villach und Velden - komme bei den Kindern super an.

Mittlerweile stehen beide, Hopfgartner und Hofer, vor der Pension. Das Skifliegen in Vikersund am 21. Juni wird es eher nicht geben. Aber Langlaufen und Skispringen auf farbigen Matten - womöglich sieht so die Zukunft aus.

(APA/)

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