Masters Week

Alte Meister starten das Jahr

Sotheby's-Experte Otto Naumann identifizierte das Gemälde als Original von Rubens.
Sotheby's-Experte Otto Naumann identifizierte das Gemälde als Original von Rubens.(c) Sotheby's
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Das Kunstjahr eröffnet in New York mit der Master-Drawings-Messe und Altmeisterauktionen. Sotheby's hat drei Toplose im Köcher.

Die Alten Meister bilden mit der New Yorker Old Masters Week traditionsgemäß den Auftakt im neuen Kunstjahr. Vom 25. Jänner bis 1. Februar findet auf der Upper East Side die Messe Master Drawings New York statt. Die aus einem Gallery Walk vor 14 Jahren entstandene Messe ist eine Kooperation von 25 internationalen Händlern, die Zeichnungen, Aquarelle und teils Gemälde in Partnergalerien oder Pop-up-Spaces entlang der Madison Avenue zeigen. Die Kunst reicht vom 14. Jahrhundert bis in die Gegenwart, wobei der Schwerpunkt auf Alten Meistern liegt.

Heuer werden erstmals einige amerikanische Altmeisterzeichnungen Werken zeitgenössischer Künstler wie Alex Katz, Titus Kaphar und Edda Renouf gegenübergestellt. Mit dabei sind auch die Wiener Händler Wienerroither & Kohlbacher (W&K), die in ihrer New Yorker Partnergalerie Shepherd W & K Galleries Zeichnungen der klassischen Moderne ausstellen. Sie haben unter anderem einen „Rückenhalbakt“ von Gustav Klimt, einen „Knienden weiblichen Akt“ von Egon Schiele sowie die Tuschezeichnung „Lady Hamilton“ von George Grosz im Programm.

Auktionen. Rund um die Master-Drawings-Messe veranstalten die großen Auktionshäuser in dieser Zeit eine Reihe von Ausstellungen und Auktionen. Der Jahresauftakt wird gespannt erwartet, lief es doch für die Almeisterauktionen im Dezember in London nicht so gut. Sotheby's hat den Umsatz auf 14,2 Millionen Pfund von 30,2 Millionen im Jahr davor gut halbiert. Christie's konnte zwar den Umsatz leicht steigern, doch klagte das Haus ebenso wie Konkurrent Sotheby's über den Mangel an guter Ware. Die Lage habe sich durch den bevorstehenden Brexit verschärft. Sammler seien nicht gewillt, sich in einem unsicheren Umfeld von hervorragenden Werken zu trennen. Ein Blick nach Frankreich zeigt, dass sehr wohl gute Preise für gute Ware möglich sind. So erzielte Sotheby's in Paris im Oktober für eine Arbeit von Cimabue einen Rekord von 24,1 Millionen Euro sowie für die Alte Meisterin Artemisia Gentileschi einen neuen Höchstpreis von 4,8 Millionen Euro.

Für die Altmeisterauktion in New York am 29. Jänner kann Sotheby's mit zwei wichtigen Werken aufwarten, eines davon sogar eine Wiederentdeckung. Hier profitiert Sotheby's von Otto Naumann, dem ehemaligen renommierten New Yorker Altmeisterhändler, der im Juli vorigen Jahres bei Sotheby's andockte, nachdem er sein Geschäft aufgab. Seither stellt er seine Expertise und vor allem für Akquisitionen wichtigen Netzwerke in den Dienst des Auktionshauses. Er hat auch das Spitzenlos von Rubens zugeordnet. Die Bildtafel „Die Jungfrau Maria und Christuskind mit der Heiligen Elisabeth und Johannes dem Täufer“ zeigt die Heilige Familie in einer Abendlandschaft. Das Werk war seit 69 Jahren im Besitz einer Familie aus Manhattan. Die Komposition ist von einem Rubens-Gemälde, das sich in der Sammlung Thyssen-Bornemisza in Madrid befindet, bekannt, das allerdings mit „autograph replica“ gekennzeichnet ist – also einer vom Künstler wahrscheinlich mit der Unterstützung von Assistenten gefertigten Kopie aus dem Jahr 1618. Naumann zog Rubens-Spezialisten hinzu, die wie er selbst zu dem Ergebnis kamen, dass es sich bei dem ihnen vorliegenden Werk um das Original handeln musste, das zwischen 1611 und 1614 entstanden war. Das Werk fällt in die Zeit nach Rubens' Rückkehr aus Italien im Jahr 1608. Es handelt sich laut Sotheby's um eine zu der Zeit in Italien beliebte Szene. Unter anderem existieren Versionen von Leonardo da Vinci und Giulio Romano. Ende Jänner kommt das Werk, das zuletzt 1951 in der Wildenstein Galerie in New York öffentlich zu bewundern war, mit einem Schätzpreis von sechs bis acht Millionen Dollar zum Aufruf. Der höchste Preis für ein Gemälde von Rubens beträgt übrigens 76,7 Millionen Dollar, erzielt 2002 von Sotheby's für „Das Massaker der Unschuldigen“.

Rekordanwärter. Das zweite Toplos der Auktion ist ein großformatiges Altarbild des venezianischen Meisters Giovanni Battista Tiepolo. „Die Rosenkranzmadonna mit Engeln“ entstand 1735 und ist laut Sotheby's ein wichtiges Frühwerk des Künstlers. Es zeigt Maria auf einem Podest in einem prachtvollen, mit Gold verzierten roten Kleid. Sie hält einen Rosenkranz in der Hand und wird von drei Engeln flankiert. Ein Werk Tiepolos dieser Größe und Bedeutung ist eine Seltenheit am internationalen Kunstmarkt, denn vergleichbare Werke wurden von ihm als Fresken ausgeführt oder die gefertigten Altarbilder verblieben im Besitz der Auftraggeber. Aufgrund dieser Seltenheit hat Sotheby's es mit einem Schätzpreis von „mehr als 15 Millionen Dollar“ versehen. Das ist drei Mal so viel wie sein Rekordpreis von 5,2 Millionen Dollar, erzielt für „Die Ankunft Heinrichs III. in der Villa Contarini“ von Christie's 2012. Laut „The Art Newspaper“ hat Sotheby's dem Verkäufer die 15 Millionen Dollar garantiert. Diese Garantie erfolgte ohne Rückendeckung eines Bieters, was inzwischen die übliche Vorgehensweise von Auktionshäusern ist. Denn bleibt das Werk unverkauft oder erzielt es nicht die gewünschten 15 Millionen Dollar, muss Sotheby's die Summe aus der eigenen Tasche zahlen. Doch wie schon erwähnt ist es sehr schwierig, an hochwertige Ware zu kommen. Ein Werk dieser Qualität und Rarität lässt sich wohl nur über eine Garantie bekommen. Übrigens versteigert Sotheby's das Werk zum zweiten Mal. 1989 schrieb das Auktionshaus damit einen Rekord von 2,1 Millionen Dollar.

Rarität. Auch für die Auktion Altmeisterzeichnungen, ebenfalls am 29. Jänner, hat Sotheby's ein besonderes Werk im Köcher. Es handelt sich um Andrea Mantegnas einzige bekannte Studie zum Zyklus „Triumphzug Caesars“. Der italienische Renaissancemaler schuf den unvollendet gebliebenen Zyklus mit dem Triumphzug Caesars, der aus neun großen Leinwandgemälden besteht, im Auftrag des Markgrafen von Mantua. Der Zyklus belegt Mantegnas gründliche Kenntnis und Auseinandersetzung mit der römischen Antike. Als wahrscheinlich gilt, dass der Auftrag zu den Leinwänden nach 1484 erfolgte, und dass Mantegna von 1486 bis zu seinem Tod im Jahr 1506 an ihnen arbeitete. Heute befinden sich die Gemälde im Besitz der British Royal Collection im Hampton Court Palast.
Die Zeichnung, die zur Versteigerung kommt, ist eine Studie zum zweiten Bild der Serie. Sie war bis zur Ausstellung „Mantegna und Bellini – Meister der Renaissance“ in London und Berlin im Vorjahr bei Spezialisten kaum bekannt. Insgesamt sind rund 20 Zeichnungen von Mantegna bekannt, die sich alle, bis auf diese Studie, im Besitz von wichtigen Museen wie beispielsweise dem British Museum in London befinden. Nur zwei andere Zeichnungen Mantegnas sind in den letzten 50 Jahren bei Auktionen versteigert worden. Der Schätzpreis für diese Rarität beträgt mindestens zwölf Millionen Dollar.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 05.01.2020)

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