Modern gestaltete Räume können leicht zu Hall neigen. Den Schall direkt vom Lautsprecher mit möglichst wenig Reflexionsanteil verspricht die „Active Wave Focussing“ DSP-Technik von Kii
Digital Sound Processing

Den Raum nicht mitspielen lassen

Auf dem Weg zum perfekten Klang ist suboptimale Raumakustik oft das größte Hindernis. Die Lösung heißt Digital Sound Processing (DSP) und wird in der Hi-Fi-Welt immer populärer.

Die Boxen nicht zu sehr in die Ecke stellen“ – diese und ähnliche Faustregeln erinnern an einen Umstand, der von Hi-Fi-Fans – und der Industrie – gerne verdrängt wurde, nämlich dass die Raumakustik starken Einfluss auf den Klang hat. Erfahrene Hörer wissen, dass die Lautsprecher ein paar Zentimeter versetzen oder sie ein paar Grad anders einwinkeln oft mehr bringt als ein teures Upgrade des Equipments. Auch ein Teppich an der richtigen Stelle kann Wunder wirken, nicht nur gegen zu viel Hall, Reflexionen verfälschen durch Auslöschung oder Verstärkung bestimmter Frequenzen den Klang. Aber auch wenn es für Fortgeschrittene mehr oder weniger dekorative Absorber und ähnliche Elemente gibt, um die Raumakustik zu beeinflussen, so sind bei den meisten doch die praktischen Möglichkeiten – und die Bereitschaft – für umfassende Umgestaltungen zu Gunsten der Raumakustik begrenzt.

Eine bequeme Lösung verspricht DSP – Digital Sound Processing. Auch wenn die technischen Details – und damit auch die Qualität der Ergebnisse – verschieden sind, ist das Grundprinzip gleich: Durch Anpassung des Frequenzgangs und oft auch der zeitlichen Komponente werden Überlagerungen kompensiert und der Frequenzgang linearisiert. Doch halt! Das Signal künstlich beeinflussen? War nicht immer die möglichst unverfälschte Wiedergabe der heilige Gral der Hi-Fi-Jünger? Hier hat – gerade auch in der High-End-Community – in den letzten Jahren ein Umdenken stattgefunden. Statt des unverfälschten Signals wird Wert auf unverfälschte Wiedergabe am Hörplatz gelegt. Die Akzeptanz (und technische Machbarkeit) von DSP hängt wohl auch damit zusammen, dass das Signal immer öfter ohnehin digital vorliegt oder im Verstärker digitalisiert wird.

DSP-Lösungen finden sich vor allem bei Aktivlautsprechern aller Preisklassen – bei Sonos oder der neuen Multiroom-Serie von Braun Audio ebenso wie – auf preislich wie qualitativ anderem Niveau – die Luxus-Aktivboxen von Kii, die kürzlich auf der Klangbilder-Messe in Wien zu hören waren. „Die Kii Three minimiert Raumeinflüsse durch eine herzförmige Abstrahlcharakteristik. Wir bezeichnen das als ,Active Wave Focussing'“ erklärt Kii-Produkttrainer Rui de C. Mendes.

Software oder Hardwarelösung. Wer keine DSP-Aktivlautsprecher besitzt, kann als einfachste Lösung ein entsprechendes Programm auf den PC laden – so dieser als Wiedergabequelle fungiert, was im Streaming-Zeitalter nicht selten ist. Eine bekannte Lösung ist Dirac Live, mit eingeschränktem Frequenzgang auch gratis verfügbar. Ganz gratis ist etwa Room EQ Wizard (REW). Was jedenfalls noch benötigt wird, ist ein Einmessmikrofon: Passende Modelle kosten um die 100 Euro.
Wer nicht vom PC spielt, kann DSP auch in Form eines kleinen Kästchens in den Signalweg schalten. Das Unternehmen miniDSP etwa bietet entsprechende Geräte an, die teilweise auch als Netzwerkplayer und D/A-Wandler fungieren. Last, but not least haben zunehmend auch Verstärker Raumkorrektur integriert. So findet sich Dirac Live unter anderem in Modellen von NAD oder Arcam.

Wie viel der Einsatz von DSP letztlich bringt, hängt von Raum und Equipment ab. In der Regel wird von merklichen Verbesserung berichtet, neben der Bassqualität vor allem in der Ortbarkeit. Was aber auch universell gilt: DSP wirkt keine Wunder. Es empfiehlt sich also, die größten Probleme etwa durch Positionierung der Lautsprecher zu entschärfen und dem DSP den Feinschliff zu überlassen.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 05.01.2020)

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