Die verheerenden Brände nehmen kein Ende. Die Regierung ruft die Armee zur Hilfe. Westlich von Sydney wurden 48,9 Grad erreicht.
Sydney/Wien. Extreme Hitze und starker Wind erschweren den lebensgefährlichen Kampf gegen die verheerenden Buschbrände in Australien. Westlich der Millionenmetropole Sydney wurden 48,9 Grad erreicht, in der Hauptstadt Canberra 44 Grad. Böen von bis zu 80 Stundenkilometern fachten die Flammen an. Angesichts des Ausmaßes der Katastrophe mobilisierte der zuletzt schwer in der Kritik stehende Premierminister Scott Morrison 3000 Reservisten der Armee, um die Feuerwehr zu unterstützen. Die Zahl der Toten stieg inzwischen auf 23. Mehrere Menschen wurden außerdem vermisst.
Es sei nach Angaben der Behörden der erste Pflichteinsatz für Reservisten in der Geschichte des Landes. Australien erlebe zudem die größte Evakuierungsaktion in Friedenszeiten: Zehntausende Menschen mussten allein im Südosten des Kontinentalstaates ihre Häuser verlassen.
Im Bundesstaat New South Wales (NSW), dessen Hauptstadt Sydney ist, wüteten rund 150 Feuer, im Bundesstaat Victoria (Hauptstadt Melbourne) sind es etwa 50. Einwohner posteten Fotos, auf denen zu sehen ist, wie dichte Rauchwolken den Sommerhimmel am frühen Nachmittag verdunkeln. Zudem waren vielerorts Telefonleitungen gestört, Strom und Internet fielen aus.
Notstand verhängt. „Wir blicken auf eine lange Nacht, das Schlimmste steht uns noch bevor“, sagte NSW-Regierungschefin Gladys Berejiklian. In beiden Bundesstaaten wurde der Notstand verhängt. Im Victoria-Küstenort Mallacoota setzte die Marine die Bergung von Urlaubern und Bewohnern fort, die sich vor den Feuersbrünsten an den Strand gerettet hatten.
Premierminister Morrison kündigte an, dass rund 20 Millionen australische Dollar (rund 12,45 Millionen Euro) zur Verfügung gestellt werden sollen, um zusätzlich vier Löschflugzeuge zu leasen. Der 51-Jährige gilt als Kohle-Förderer. Er sieht die Brände als Naturkatastrophe und lehnt es ab, seine Klimapolitik zu ändern. Er wurde dafür kritisiert, dass er während der Krise nach Hawaii fuhr und musste schließlich seinen Urlaub abbrechen. Bei einem Besuch in einem Feuergebiet, in Cobargo, war er beschimpft worden.
Die Buschfeuer wüten bereits seit Oktober. Mehr als fünf Millionen Hektar Land sind abgebrannt, das entspricht etwa der eineinhalbfachen Fläche Belgiens. Forscher der Uni Sydney gehen allein für den Bundesstaat New South Wales davon aus, dass 480 Millionen Säugetiere, Reptilien und Vögel verendet sein könnten – und das sei nach Angaben der Uni noch konservativ geschätzt.
("Die Presse", Print-Ausgabe, 05.01.2020)