Blattlinie

Business as usual

Wir haben eine türkis-grüne Regierung. Für uns in der Redaktion bedeutet das vor allem eines: business as usual.

Dieser Tage erhielt ich Mails von Lesern, die vor Euphorie warnen und uns eine solche teils auch vorwerfen. Für einige wenige ist der Einzug der Grünen vergleichbar mit einer Beteiligung von Trotzkisten an einer bürgerlichen Regierung. Ich darf beruhigen, weder ist die Zeitung euphorisch – dieser Zustand entspricht nicht unserer DNA – noch werden die Grünen die Planwirtschaft durchsetzen. Wir haben ähnliche Zusendungen auch schon zu Beginn von Türkis-Blau erhalten, damals mit der Warnung vor der FPÖ und dem Einzug der Nationalsozialisten – von anderen Lesern. Wir nehmen solche Warnungen immer ernst, versuchen aber zu beruhigen: Es besteht kein Grund für Hysterie, Panik oder Bürgerkrieg. Diese Zeitung macht sich mit keiner Regierung gemein, auch nicht mit einer guten. Sie verhindert auch keine Regierung, sondern kritisiert und ermuntert sie zu Reformen. Alles andere überlassen wir Parteien, ihnen vorgelagerten Medien oder NGOs.

Türkis-Grün ist zwar Neuland, aber für uns business as usual. Und das ist seit Monaten intensiv und für unsere Innenpolitik mehr als herausfordernd. Vom Bundeskongress der Grünen berichtet eine noch immer entspannte Julia Neuhauser, die auszeichnet, was gute Journalisten auszeichnet: Gelassenheit und Überblick. Innenpolitik-Chef Oliver Pink schreibt so, als wäre es sein Traumjob. Thomas Prior interviewt und recherchiert wie kein Zweiter. Ulrike Weiser sieht relevante Details im politischen Einheitsbrei wie Philipp Aichinger interessante juristische Fälle. Iris Bonavida empfiehlt sich ebenso für künftige Ipo-Führungsaufgaben wie Hellin Jankowski. Martin Fritzl, Elisabeth Postl und Maria Kronbichler schaffen kenntnisreiche Analysen, die nicht nur unsere Premium-Abonnenten besonders schätzen. Nur Anna Thalhammer fehlt uns ein bisschen. Mit dem Traumjob hat Pink übrigens recht.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 05.01.2020)

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