Wegen eines offenen medienrechtlichen Verfahrens solle der Bundespräsident Alma Zadić nicht als Justizministerin angeloben, fordert die FPÖ. Dem ging eine Welle rassistischer Facebook-Kommentare voran.
Wien. Die Grünen haben mit Alma Zadić eine erfahrene Juristin als Justizministerin vorgeschlagen: Die 35-Jährige arbeitete lang in einer internationalen Wirtschaftskanzlei, war als Fulbright-Stipendiatin an der renommierten Columbia-Universität in New York City tätig, als Praktikantin am Internationalen Strafgerichtshof für Ex-Jugoslawien. Zadić, selbst als Zehnjährige mit ihrer Familie wegen des Bosnien-Kriegs nach Wien geflüchtet, gilt als Völkerrechtsexpertin.
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Die FPÖ forderte indes am Sonntag von Bundespräsident Alexander Van der Bellen, die Juristin gar nicht erst zur Ministerin zu machen. Es war der Höhepunkt vieler Angriffe blauer Politiker gegen Zadić in den letzten Tagen. Der Grund: ein offenes medienrechtliches Verfahren, in dem Zadić erstinstanzlich zu einer Entschädigungszahlung von 700 Euro für erlittene Kränkung verpflichtet worden war (§ 6 Mediengesetz). Sie hatte ein Foto eines Burschenschafters auf Twitter geteilt, der Demonstranten gegen Türkis-Blau den Hitlergruß gezeigt haben soll – was der Mann erfolgreich abstritt; er habe Bekannten zugewunken –, und das Bild mit „Keine Toleranz für Neonazis, Faschisten und Rassisten“ kommentiert. Zadić legte Berufung ein, der Richterspruch ist damit nicht rechtskräftig.
„Gezielte Falschbehauptungen“
Markus Abwerzger, Chef der Tiroler FPÖ, nahm das Verfahren Ende Dezember zum Anlass für einen Facebook-Eintrag: „Diese Dame soll doch tatsächlich Justizministerin werden. Sie wurde strafrechtlich in erster Instanz verurteilt, das Verfahren läuft offenbar noch.“ Unter dem – mittlerweile gelöschten – Posting kam es anschließend zu einer Welle rassistischer und sexistischer Kommentare von Facebook-Nutzern. „Jetzt bekommen schon Ausländer Ministerposten!!!!!!!!“, hieß es da unter anderem, „Was hat die Jugoslawin bei uns in der Regierung zu suchen“, und: „Eine kriminelle Muslima wird Justizministerin.“ Dass Zadić Österreicherin, ohne Bekenntnis und nicht strafrechtlich verurteilt ist, schien dabei niemanden zu kümmern. Nicht nur die Poster nicht: Auch der Wiener FPÖ-Chef, Dominik Nepp, bezeichnete Zadić als erste „muslimische Ministerin“. Auch Ex-Innenminister Herbert Kickl machte gegen sie Stimmung, ehe FPÖ-Generalsekretär Christian Hafenecker wiederholte, Zadić sei wegen übler Nachrede verurteilt worden – und von Van der Bellen forderte, ihr das Ministerinnenamt zu verwehren. Immerhin würde dieser Kickl auch nicht angeloben.
Während Zadić am Sonntag und Montag Solidaritätsbekundungen zukamen, teilte ihre Anwältin, Maria Windhager, mit, gegen Hafenecker und den FPÖ-Klub könnten „wegen dieser gezielten Falschbehauptungen übrigens straf-, medien- und zivilrechtliche Ansprüche u. a. wegen übler Nachrede, Ehrenbeleidigung und Kreditschädigung geltend gemacht“ werden. (epos)
("Die Presse", Print-Ausgabe, 07.01.2020)