USA-Iran-Konflikt

USA dementieren Pläne für Truppenabzug aus dem Irak

AFP (MARTIN BUREAU)
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Bagdad will, dass der UNO-Sicherheitsrat die USA für gezielte Tötung des Generals Soleimani verurteilt. Sollte es tatsächlich zu einem Abzug ausländischer Soldaten aus dem Irak kommen, wäre das ein großer Erfolg für Teheran.

Trotz der Forderung des irakischen Parlaments nach einem Truppenabzug aller ausländischen Streitkräfte hegt das US-Militär nach eigenen Angaben keine dahin gehenden Pläne. "Die US-Politik in Bezug auf unsere Truppenpräsenz im Irak hat sich nicht verändert", betonte Pentagon-Sprecherin Alyssa Farah in der Nacht auf Dienstag. Damit trat sie dem - durch einen Brief an das irakische Verteidigungsministerium entstandenen - Eindruck entgegen, das Militär habe Vorbereitungen für einen Abzug der US-Soldaten angekündigt. Generalstabschef Mark Milley bezeichnete den Brief später als Entwurf, der versehentlich publik geworden sei.

Die USA haben derzeit rund 5000 Soldaten im Irak stationiert, vor allem als Teil des internationalen Militärbündnisses für den Kampf gegen die Terrormiliz "Islamischer Staat" (IS). Das Parlament in Bagdad hat die irakische Regierung aufgefordert, alle ausländischen Truppen des Landes zu verweisen. Auch den irakischen Luftraum sollen ausländische Truppen künftig nicht mehr nutzen dürfen. Der Beschluss vom Sonntag war durch den tödlichen US-Luftangriff auf den iranischen Top-General Qassem Soleimani und des irakischen Milizenführers Abu Mahdi al-Muhandis in Bagdad ausgelöst worden.

Soleimani soll am Dienstag in seinem Geburtsort Kerman im Südostiran beigesetzt werden. Die Regierung erklärte den Tag zu einem örtlichen Feiertag, um möglichst vielen Menschen die Möglichkeit zu geben, sich von dem ranghohen General zu verabschieden. An einem Trauerzug in der Hauptstadt Teheran hatten am Montag örtlichen Medienberichten zufolge Millionen Menschen teilgenommen. Viele riefen antiamerikanische Parolen wie "Tod den USA" und trugen Bilder Soleimanis vor sich her. Der von den USA als Terrorist betrachtete General wird im Iran nun als Märtyrer verehrt. Der US-Regierung zufolge hatte er tödliche Angriffe auf US-Bürger geplant.

Soleimani war als Chef der Quds-Einheiten der wichtigste Vertreter der iranischen Streitkräfte im Ausland und galt als Architekt der iranischen Militärstrategie im Nahen Osten. Der Iran hat im ebenfalls mehrheitlich von Schiiten bevölkerten Irak großen Einfluss, stützt sich in militärischen Fragen aber vor allem auf örtliche schiitische Milizen.

Trump droht dem Irak

Sollte es tatsächlich zu einem Abzug ausländischer Soldaten aus dem Irak kommen, wäre das ein großer Erfolg für Teheran. US-Präsident Donald Trump schloss einen Abzug am Sonntag nicht aus. Er drohte dem Irak jedoch mit drastischen Sanktionen, falls das Land die US-Bedingungen für einen Abzug nicht akzeptieren würde. Trump forderte etwa die Rückerstattung von Kosten für von der US-Regierung finanzierte Infrastruktur im Irak.

Die Tötung Soleimanis hat die ohnehin schon großen Spannungen zwischen den USA und dem Iran verschärft und Sorgen vor einer militärischen Eskalation des Konflikts geweckt. Die iranische Führung und ihre Verbündeten in den Nachbarländern drohen mit Vergeltung. So richtete Präsident Hassan Rouhani am Montag eine neue scharfe Warnung an die USA. "Bedrohen Sie niemals die iranische Nation", twitterte er als Reaktion auf jüngste Drohungen Trumps. Dieser hatte mit Angriffen auf 52 iranische Ziele gedroht, sollte der Iran als Vergeltung für die Tötung Soleimanis Bürger und Einrichtungen der USA angreifen.

Der Irak appellierte an den UNO-Sicherheitsrat, die Tötung von Soleimani und Muhandis zu verurteilen. Der US-Angriff auf irakischem Staatsgebiet stelle eine "Aggression gegen das Volk und die Regierung des Irak" dar, schrieb der irakische Botschafter bei den Vereinten Nationen. Botschafter Mohammed Hussein Bahr Aluloom bezeichnete in einem Brief an das mächtigste UNO-Gremium den Angriff auch als "eklatanten Verstoß" gegen die Vereinbarungen zur US-Truppenpräsenz im Irak sowie als "gefährliche Eskalation", welche einen "verheerenden Krieg im Irak, in der Region und der Welt" auslösen könnte. Dass der Rat der Aufforderung nachkommt und den US-Angriff verurteilt, ist allerdings de facto ausgeschlossen. Die USA besitzen in dem Gremium ein Vetorecht und können damit alle inhaltlichen Beschlüsse des Sicherheitsrats blockieren.

Unterdessen haben die USA dem iranischen Außenminister Mohammad Javad Zarif Regierungskreisen zufolge ein Visum für eine Anreise zu einer Sitzung des UNO-Sicherheitsrats am Donnerstag in New York verweigert. Eine offizielle Bestätigung dafür gab es aber bisher nicht. Die Sitzung des UNO-Sicherheitsrats und die Teilnahme von Zarif waren schon vor der Eskalation im Konflikt zwischen den USA und dem Iran geplant und hat eine andere Tagesordnung. Sie könnte Zarif aber ein großes Forum geben, um die USA für die gezielte Tötung Soleimanis anzugreifen. Gemäß der Vereinbarungen zum Sitz der UNO sind die Vereinigten Staaten grundsätzlich verpflichtet, ausländischen Diplomaten den Zugang zu gestatten.

EU plant Krisentreffen

US-Vizepräsident Mike Pence will Regierungskreisen zufolge am kommenden Montag in einer Rede den amerikanischen Kurs im Irak-Konflikt darlegen. Dies sei bei der nationalen Sicherheitskonferenz der Stiftung zur Verteidigung von Demokratien in Washington geplant, sagte ein Vertreter des Präsidialamtes. Pence wolle dabei die Differenzen zwischen dem iranischen Volk und der Führung in Teheran in den Mittelpunkt stellen.

Die internationale Krisendiplomatie zur Entschärfung der Lag läuft indes auf Hochtouren. Die EU-Außenminister planen für Freitag ein Krisentreffen in Brüssel. UNO-Generalsekretär Antonio Guterres rief erneut dringend zur Deeskalation auf. Die Welt sei in Aufruhr, sagte er. Mehr und mehr Länder würden "nie dagewesene Entscheidungen mit unvorhersagbaren Konsequenzen und dem tiefgreifenden Risiko von Misskalkulationen" treffen.

(APA/AFP/dpa/Reuters)

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