Bayern München

„Der Titan“ in neuer Rolle

Einstand in der Chefetage: Oliver Kahn.
Einstand in der Chefetage: Oliver Kahn. (c) REUTERS (ANDREAS GEBERT)
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Die Ära Oliver Kahn hat begonnen, der Ex-Goalie hat sein Vorstandsbüro bezogen und soll den FC Bayern zurück an die Spitze führen. Doch der Klub hechelt hinterher.

München/Wien. Es stand schon besser um den deutschen Fußball. Nach der WM-Blamage 2018 (Vorrundenaus als Gruppenletzter) liegt man nur noch auf Platz 15 der Fifa-Weltrangliste, die ganz großen Stars fehlen, und bei der EM 2020 wartet nun eine Hammergruppe mit Weltmeister Frankreich und Europameister Portugal auf eine junge DFB-Auswahl, bei der gerade einen Umbruch im Gange ist.

Der FC Bayern, das nationale Aushängeschild der Bundesliga, ist in einer ähnlichen Findungsphase. Personell wie sportlich. Mit Hansi Flick ist der Trainer nur bis Saisonende bestätigt, Sportdirektor Hasan Salihamidžić wird mangelndes Format unterstellt. Dennoch sind die Ziele klar: Alles gewinnen, was es zu gewinnen gibt. Nur wie man das anstellen will und mit welchem Fußball, das war zuletzt nicht zu erkennen. Es fehlt die Kontinuität, auch bei der Kaderzusammenstellung. Trotz neuer Akademie schaffte es seit Jahren kein Eigenbauspieler mehr in die Stammelf. Die Rückrunde der Bundesliga (ab 17. Jänner) nehmen die Bayern nur als Tabellendritter in Angriff. Auch ein souveräner Herbst in der Champions League kann nicht darüber hinwegtäuschen, dass international die Großklubs aus Liverpool, Manchester, Barcelona und Madrid enteilt sind.

Vor diesem Hintergrund präsentierte sich Oliver Kahn am Dienstag erstmals den Medien. Der frühere Welttorhüter, Spitzname „Der Titan“, der bis 2008 über 600 Spiele im Bayern-Trikot bestritten hat, ist seit 1. Jänner Vorstandsmitglied und wird in zwei Jahren Karl-Heinz Rummenigge als Vorstandschef ablösen. Das ist Teil zwei des bayerischen Zukunftsplans. Teil eins war die Ablöse von Präsident Uli Hoeneß durch Ex-Adidas-CEO Herber Hainer im Herbst.

„So erfolgreich zu bleiben, vielleicht noch eine Schippe draufzulegen, das entspricht meinem Charakter“, meinte der 50-jährige Kahn bei seiner Präsentation. Fußballexpertise, das Bayern-Gen und wirtschaftliche Kompetenz – das wollte der Klub von seinem designierten Chef. Schnell fiel die Wahl auf Kahn. Die Gedankenwelt des gebürtigen Badeners dürfte jener der alten Garde um Hoeneß und Rummenigge nicht unähnlich sein, nur eben mit modernem Antlitz. Nach seiner Karriere überzeugte Kahn als TV-Experte mit klaren Ansagen, in Salzburg machte er einen MBA, er ist Mitbegründer von „Goalplay“, das sich der Schulung von Torhütern widmet. „Dieses Paket gibt mir doch viel Selbstvertrauen für die Aufgabe“, meinte er nun in der Allianz Arena.

Kahns Zielvorgabe für den deutschen Serienmeister – 750 Millionen Euro Jahresumsatz, über 1000 Mitarbeiter – ist wenig überraschend. „Beim FC Bayern kann es immer nur darum gehen, die Nummer eins zu sein, wo immer wir dabei sind.“ Und: „Wir wollen es uns nicht erlauben, dieses Jahr die Meisterschaft abzugeben.“

Kein Ausbruch im Meeting

Noch am Dienstag ist Kahn ins Trainingslager nach Katar geflogen, er will sich ein Bild seiner Mannschaft machen. Bei der Spielphilosophie sieht er Sportdirektor Salihamidžić „auf gutem Weg“, bei Transfers wird er – als „Teamplayer“ wohlgemerkt – seine Erfahrung einbringen, auch im Nachwuchs will er „absolute Spitze“ sein. „Damit es gelingt, wieder Identifikationsfiguren zu haben.“

Mit Kahn ist eine solche Kultfigur des deutschen Fußballs nun an der Säbener Straße eingezogen. Was er verändern will, ließ er noch offen. Doch Kahn gab Entwarnung. Im zweiten Stock der Bayern-Zentrale brodle kein Vulkan wie früher zwischen den Torpfosten. „Bei unternehmerischen Dingen ist Emotionalität nicht unbedingt hilfreich. Ich werde nicht durch den Meetingraum grätschen. Die Dinge ändern sich.“

("Die Presse", Print-Ausgabe, 08.01.2020)

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