Raketenangriff

Iran greift US-Militärstützpunkte im Irak an

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Der Iran übt Vergeltung für die Tötung des iranischen Generals Soleimani. Auf zwei US-Stützpunkten schlugen Raketen ein. Auch Angriffe gegen Israel werden nicht ausgeschlossen. „Alles ist gut“, twittert US-Präsident Trump als erste Reaktion.

Ein iranischer Vergeltungsangriff auf US-Soldaten im Irak schürt die Angst vor einer weiteren Eskalation und einem möglichen neuen Krieg im Nahen Osten. Das Pentagon bestätigte Attacken auf die vom US-Militär genutzten Stützpunkte Ain al-Assad westlich von Bagdad und im nördlich gelegenen Erbil in der Nacht auf Mittwoch.

Der Iran bezeichnete die Raketenangriffe als "Akt der Selbstverteidigung" nach der Tötung des iranischen Top-Generals Qassem Soleimani durch einen US-Luftschlag. Dafür sprach auch die Zeit des Militärschlages: Der Angriff fand nur wenige Stunden nach der Beerdigung Soleimanis in seiner Heimatstadt Kerman statt um begann um exakt 1:20 Uhr in der Nacht. Zu der Zeit war General Soleimani vergangene Woche am Flughafen in Bagdad getötet worden.

Seit der gezielten Tötung des ranghohen Militärstrategen am vergangenen Freitag in der irakischen Hauptstadt Bagdad ist die Lage am Persischen Golf extrem angespannt. US-Präsident Donald Trump hatte den Iranern danach mit drastischen Konsequenzen im Falle eines Gegenangriffs gedroht.

Trump: „Alles ist gut“

Nach den Raketenangriffen in der Nacht äußerte sich Trump zunächst nicht dazu, wie die USA darauf reagieren würden. Stattdessen schrieb er auf Twitter "Alles ist gut!" und kündigte eine Stellungnahme für Mittwochfrüh (Ortszeit) an. Derzeit würden mögliche Opfer und Schäden bewertet, fügte er hinzu. Und: "Wir haben das stärkste und am besten ausgestattete Militär überall auf der Welt, bei weitem!". Zuvor hatte er seine wichtigsten Minister zu einer Krisensitzung im Weißen Haus empfangen.

Die iranischen Revolutionsgarden teilten mit, bei der "Operation Märtyrer Soleimani" sei der mit 35 Raketen attackierte Luftwaffenstützpunkt Ain al-Assad "vollständig zerstört" worden. Der Angriff mit ballistischen Boden-Boden-Raketen auf die "von den Amerikanern besetzte" Basis sei "in jeder Hinsicht ein voller Erfolg" gewesen.

Laut iranischem Staatsfernsehen kamen bei dem Angriff 80 "amerikanische Terroristen" ums Leben. Unter den irakischen Streitkräften gab es nach deren eigenen Angaben keine Toten. Es seien "keine Verluste" verzeichnet worden, meldete die Medieneinheit der irakischen Sicherheitskräfte.

Die US-Luftfahrtaufsicht untersagte indes US-Passagiermaschinen den Überflug über die Region. Zivile Flugzeuge dürften nicht mehr über den Irak, den Iran, den Persischen Golf sowie den Golf von Oman fliegen, teilte die Luftfahrtaufsichtsbehörde FAA am Dienstagabend (Ortszeit) mit.

„Schlag ins Gesicht“

Im Irak sind auf mehren Stützpunkten rund 5000 US-Soldaten stationiert, die das internationale Militärbündnis gegen die Terrormiliz "Islamischer Staat" (IS) anführen. "Diese Stützpunkte sind wegen Hinweisen auf geplante Angriffe des iranischen Regimes auf unsere Truppen und Interessen in der Region in hoher Alarmbereitschaft gewesen", hieß es aus dem US-Verteidigungsministerium.

Die erste offizielle Stellungnahme der iranischen Regierung nach den Angriffen kam von Außenminister Mohammed Javad Zarif. "Wir streben nicht nach einer Eskalation oder Krieg, aber wir werden uns gegen jede Aggression verteidigen", schrieb er auf Twitter. Der Iran habe "verhältnismäßige Maßnahmen zur Selbstverteidigung ergriffen und abgeschlossen". Zarif bezog sich dabei auf Artikel 51 der UN-Charta - dieser beschreibt das Recht auf Selbstverteidigung im Falle eines bewaffneten Angriffs auf ein Mitgliedsland der Vereinten Nationen. Die USA sollten sich bei ihrer Bewertung des iranischen Raketenangriffs keinen "Illusionen" hingeben, sagt Zarif dem iranischen Staatsfernsehen.

Die vergangene Nacht sei ein "Schlag ins Gesicht" der USA gewesen, sagte auch der oberste iranische Führer Ayatollah Ali Khamenei. Die US-Truppen müssten die Region verlassen. Ihre Präsenz sei die Quelle von Korruption. "Die USA sind der Feind des Irans.“ Die Revolutionsgarden drohten auch mit Angriffen auch gegen Israel und mit den USA "verbündete Regierungen". Im Laufe des Mittwochs wird eine Rede des iranischen Präsidenten Hassan Rouhani im Staatsfernsehen erwartet.

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Zwar hatten vom Iran unterstützte schiitische Milizen die US-Stützpunkte im Irak zuletzt häufiger mit technisch einfacheren Raketen angegriffen. Ein direkter Angriff aus dem Iran markiert jedoch eine neue Eskalationsstufe im Konflikt mit den USA.

Amerikaner unzufrieden mit Iran-Politik

Die Revolutionsgarden warnten direkt nach den Attacken den "großen Satan" USA vor Gegenangriffen. Jede US-Reaktion werde mit einer härteren Reaktion erwidert, teilte die Eliteeinheit der iranischen Streitkräfte in einer Presseerklärung mit. Außerdem sollten die Verbündeten der USA wissen, dass auch ihre den Amerikanern zur Verfügung gestellten Stützpunkte Ziel iranischer Angriffe werden könnten, falls von dort aus Angriffe auf den Iran erfolgen sollten, hieß es in der Erklärung weiter. Die USA sollten ihre Truppen abziehen, damit deren Leben nicht gefährdet werde.

In den USA wurde das Vorgehen Trumps von der Opposition scharf kritisiert. Die Vorsitzende des Repräsentantenhauses, Nancy Pelosi, erklärte nach den iranischen Raketenangriffen, die Sicherheit der US-Soldaten in der Region müsse gewährleistet sein. Die Trump-Regierung müsse ihre "unnötigen Provokationen" beenden sowie der Iran die Gewalt, forderte die Demokratin. "Amerika und die Welt können sich keinen Krieg leisten", schrieb Pelosi am Dienstagabend (Ortszeit) auf Twitter.

Die Amerikaner sind nach einer Umfrage zunehmend unzufrieden mit der Iran-Politik von Trump nach der Tötung des führenden iranischen Generals durch das US-Militär. Nach der Erhebung von Reuters/Ipsos geht eine Mehrheit der Erwachsenen davon aus, dass es in naher Zukunft zwischen beiden Staaten zum Krieg kommt. Nach der in den ganzen USA durchgeführten Umfrage missbilligen 53 Prozent der Befragten das Vorgehen Trumps.

(APA/AFP/Reuters/dpa)

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