Das Staatsoberhaupt weist die Angriffe der FPÖ auf die neue Justizministerin zurück. Sie erhält Polizeischutz, nachdem es Morddrohungen gab. Die Pläne von ÖVP und Grünen für eine Sicherungshaft sieht er „sehr skeptisch“.
Keine Ministerin der neuen türkis-grünen Regierung hat schon vor der Angelobung für so viele Schlagzeilen gesorgt wie Alma Zadić. Und das eher unfreiwillig - sie kam unter Beschuss von Rechts. Der Hintergrund: Die 35-Jährige, die das Justizressort übernimmt, hatte sich bekanntlich als grüne Abgeordnete via Twitter über einen Burschenschafter geäußert. Dieser wurde fotografiert, wie er Donnerstagsdemonstranten gegenüber die Hand hob. Manche werteten das als Hitlergruß.
Der Mann erklärte, nur Schulfreunden unter den Demonstranten gewunken zu haben. „Keine Toleranz für Neonazis, Faschisten und Rassisten“, twitterte Zadić zu dem Bild. Der Burschenschafter klagte, aber nur medienrechtlich. Und die damalige Abgeordnete wurde im November des Vorjahres wegen übler Nachrede zur Zahlung von 700 Euro verurteilt. Das medienrechtliche Urteil ist aber nicht rechtskräftig. Und ein strafrechtliches gab es nie.
„Wenn Zadić nicht qualifiziert ist, wer ist qualifiziert?“
Die FPÖ nutzte das offene Verfahren, um vorab Stimmung gegen die Grüne zu machen und forderte Bundespräsident Alexander Van der Bellen auf, Zadić erst gar nicht zur Ministerin zu machen. Ein Aufruf, dem das Staatsoberhaupt nicht nachkam, vielmehr gab er ihr nach der Angelobung Rückendeckung. Dass die bosnisch-stämmige Ministerin, die an der Universität Wien und der Columbia University in New York studiert und in einer großen internationalen Anwaltskanzlei gearbeitet hat, nicht qualifiziert sein könnte, stritt er in der ORF-Sendung „ZiB 2“ ab: „Was noch, frage ich? Wenn Frau Zadić nicht qualifiziert ist, dann frage ich mich, wer qualifiziert ist.“ Zadić erhält mittlerweile Polizeischutz, nachdem es im Internet zu Morddrohungen gegen sie kam. Das berichtete „Oe24.at“.
Angesprochen auf die türkis-grünen Plänen für eine Präventiv- bzw. Sicherungshaft zeigte sich Van der Bellen im Interview indes „sehr skeptisch". Bei den Grund- und Freiheitsrechten dürfe man nur „mit der allergrößten Vorsicht hingreifen“, blieb er seiner Linie treu. Immerhin hatte das Staatsoberhaupt das Thema Sicherungshaft schon unter der Koalition von ÖVP und FPÖ skeptisch bewertet. „Schauen wir uns das an, mit der gebotenen Skepsis", meinte der Bundespräsident schließlich. Um hinzuzufügen: „Ich kenne keinen einzigen Fall, wo man hätte sagen müssen, das wäre unbedingt notwendig gewesen.“
Eine eindeutige Abfuhr erteilte hingegen SPÖ-Chefin Pamela Rendi-Wagner. „Wir sagen, das ist nicht möglich auf Basis unserer Verfassung", meinte sie, als sie, ebenfalls in der „ZiB2“, auf die Sicherungshaft angesprochen wurde. Ihre Partei werde „einer Änderung keinesfalls zustimmen“, beharrte sie. Denn: Die Grund-und Freiheitsrechte seien „sakrosankt“.
>>> Alexander Van der Bellen in der „ZiB2“
(red./APA)