Interview

Riccardo Muti: „Das Ausziehen bleibt mir heute erspart“

Der Maestro in Aktion: Riccardo Muti beim Neujahrskonzert 2018. Am nächsten 1. Jänner wird er es zum sechsten Mal dirigieren.
Der Maestro in Aktion: Riccardo Muti beim Neujahrskonzert 2018. Am nächsten 1. Jänner wird er es zum sechsten Mal dirigieren.APA/HANS PUNZ
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Der Stardirigent zu Besuch in Österreich: Ein Gespräch über Riccardo Mutis Lieblingsorchester aus Wien und Chicago, die bedrohte Musiktradition Europas, sein jugendliches Aussehen und das kommende Neujahrskonzert.

Die Presse: Sie sind mit dem Chicago Symphony Orchestra auf Jubiläumstournee, ab Samstag machen Sie im Musikverein Station. Am ersten Abend bringen Sie drei Werke mit starkem Opernbezug: Wagners Ouvertüre zum „Fliegenden Holländer“, Hindemiths Symphonie „Mathis der Maler“ und Prokofjews Symphonie Nr. 3, die mit seinem „Feurigen Engel“ in Verbindung steht. Warum diese Kombination?

Riccardo Muti: Prokofjews Dritte ist eines meiner Lieblingswerke. In ihr zeigt sich sein ursprünglicher, aufregender Stil, noch vor seiner Rückkehr in die Sowjetunion, wo er wegen seiner zu „modernen“ Tonsprache gemaßregelt wurde. Und Hindemith schrieb seine „Mathis“-Symphonie für Wilhelm Furtwängler, der sie trotz Gegenwinds durch die Nazis dirigiert hat. Man könnte sagen: zwei Symphonien in Verbindung mit damals noch unaufgeführten Opern, entstanden im Angesicht der großen Diktaturen.

Was bedeutet Ihnen Hindemith?

Ich habe ihn immer bewundert. Der Pianist Swjatoslaw Richter hielt ihn sogar für den größten Komponisten des 20. Jahrhunderts. Ich habe nie verstanden, warum er weniger populär ist als Prokofjew oder Schostakowitsch. Bei einem meiner ersten Konzerte als Chef des Philharmonia Orchestra in London rief der Manager: Bitte keinen Hindemith, sonst verlieren wir im Kartenverkauf zwanzig Prozent! Schockiert musste ich ein neues Vokabel lernen: Hindemith „is not a draw“, er zieht nicht. Das war für mich eine Beleidigung seiner Musik. Aber man braucht schon ein großartiges Orchester dafür.

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