Analyse

Warum die kalte Progression nicht so schnell abgeschafft wird

Erste Regierungssitzung unter Bundeskanzler Kurz und Vizekanzler Kogler.
Erste Regierungssitzung unter Bundeskanzler Kurz und Vizekanzler Kogler.APA/AFP/ALEX HALADA
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Bereits die dritte Bundesregierung verspricht uns die Abschaffung der kalten Progression – irgendwann. Warum die Liebe der Politik zur heimlichen Steuererhöhung so groß ist.

Wir dürfen uns alle auf die Schulter klopfen. Denn jeder einzelne hat sich die Entlastung durch die letzte Steuerreform 2016 mittlerweile selbst finanziert. Die im Durchschnitt 70 Euro netto mehr pro Monat für jeden Bürger hat der Staat nämlich nicht durch harte Sparmaßnahmen „im System“ aufgebracht. Überhaupt hat der Bund schon wieder mehr Geld eingenommen, als er uns damals gegeben hat. Laut Agenda Austria bis 2021 etwa 3,7 Milliarden Euro. Wie das geht?

Der Zauberspruch lautet „kalte Progression“. Die heimliche Steuererhöhung, die es dadurch gibt, dass zwar die Löhne an die Inflation angepasst werden, nicht aber die Stufen des progressiven Steuersystems. Dadurch rutscht jemand nach einer Gehaltserhöhung in die nächsthöhere Tarifstufe und muss mehr Steuern bezahlen. Im Extremfall kann das beispielsweise bei einer Bruttogehaltserhöhung um 150 Euro bedeuten, dass dem Betroffenen (inflationsbereinigt) weniger als 50 Euro netto bleiben.

Die Regierungen lieben diese schleichende, unauffällige Steuererhöhung, weil sie hohe Einnahmen bringt. Wie viel genau, darüber gibt es verschiedene Angaben. Von 600 Millionen Euro pro Jahr (Gesellschaft für Angewandte Wirtschaftsforschung) bis zu 1,5 Milliarden Euro (Agenda Austria in einer Berechnung 2015). Das Finanzministerium selbst sprach vor einigen Jahren von 400 Millionen Euro zusätzlichen Steuereinnahmen im Jahr.

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