Morgenglosse

Für die Statistik: Wie viel Moral haben Sie?

Konrad Pesendorfer
Konrad PesendorferAPA/HERBERT NEUBAUER
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Konrad Pesendorfer geht nach Saudiarabien und beweist einmal mehr, wie recht Bertolt Brecht hatte.

Konrad Pesendorfer, das muss man ihm lassen, versteht sein Geschäft. Als Chef der Statistik Austria hat er eine staubtrockene Behörde bekannt gemacht, langweilige Zahlen interessant aufbereitet und kurzweilig präsentiert.

Dass dabei manchmal seine politische Vergangenheit als SPÖ-Wirtschaftsberater durchblitzte – soll sein. Der ÖVP/FPÖ-Koalition hat das aber gar nicht gefallen, sie wollte die Deutungshoheit über die Statistik haben. Pesendorfer äußerte Kritik an den Umbauplänen, stilisierte sich zum selbstlosen Kämpfer für die Unabhängigkeit der Statistik Austria hoch und ließ seinen Vertrag öffentlichkeitswirksam 2019 auslaufen.

Und jetzt wird dieser Konrad Pesendorfer also Chef der Statistikbehörde in Saudiarabien. Einem Land, das im Demokratieindex der Zeitschrift „The Economist“ den 159. Platz einnimmt (von 167 Ländern). Das Frauen bei Ehebruch köpfen und Regimekritiker zersägen lässt. In diesem Land – sorry, dass Sie das offenbar erst von uns erfahren, Herr Pesendorfer – kann die Statistikbehörde ganz sicher nicht unabhängig arbeiten. Öffentlich kritisieren sollte man das aber besser nicht.

Haltung ist eine Frage des Lebensabschnitts, Moral ist eine Frage des Charakters. Für Konrad Pesendorfer gilt, was schon Bert Brecht 1928 feststellte: „Erst kommt das Fressen, dann kommt die Moral.“

E-Mail:norbert.rief@diepresse.com

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