Ghosting

Sag zum Abschied leise gar nichts

Im Film „A Ghost Story“ sucht ein Mann seine Frau noch als Toter heim. Beim „Ghosting“ hingegen werden alle Brücken abgebrochen.
Im Film „A Ghost Story“ sucht ein Mann seine Frau noch als Toter heim. Beim „Ghosting“ hingegen werden alle Brücken abgebrochen.(c) imago/Prod.DB
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Wird der radikale Abbruch von Kontakten und Beziehungen zur sozialen Seuche? Und wer ist schuld, Internet oder Kapitalismus?

Ein Ritual zum Jahresstart: die Kontaktlisten am Smartphone von Karteileichen säubern. Namen von Menschen, mit denen wir früher freundschaftlich oder gar intim verkehrten und die wir aus den Augen verloren haben. Nicht selten ist der Abbruch in unseren digitalen Archiven dokumentiert: durch eine letzte Botschaft, auf die keine Antwort mehr kam. Wortloses Abtauchen, beredtes Schweigen – in der Hoffnung, die andere Person möge realisieren, dass keine weitere Kommunikation erwünscht ist.

Ein Gespenst geht um: das „Ghosting“. Vor zwei Jahren hat es als hipper Neologismus in der Jugendsprache Einzug gehalten. Mittlerweile sehen darin viele eine soziale Seuche, die von Bekanntschaften auf Beziehungen übergreift, und als Symptom tiefer Verwerfungen. Der Mensch als Leistungspaket, das man kommentarlos storniert, wenn es nicht mehr den Erwartungen entspricht: Ganze Bücher werden darüber geschrieben, wie jenes jüngst erschienene von Tina Soliman: „Ghosting. Vom spurlosen Verschwinden des Menschen im digitalen Zeitalter“.

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