Interview

Jürgen Trittin: "Österreichs Grüne werden zunächst in die Fresse bekommen"

Trittin im "Presse"-Interview: "Koalitionsvereinbarungen in Deutschland haben eine ganz andere Struktur.
Trittin im "Presse"-Interview: "Koalitionsvereinbarungen in Deutschland haben eine ganz andere Struktur.Marcus Wend
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Der Ex-Umweltminister der deutschen Grünen verteidigt Österreichs neue Koalition. Auch wenn ihn die Ressortverteilung irritiert und Beschlüsse wie das „Kopftuchverbot und dieser ganze Quatsch“ für Grüne „eigentlich unerträglich“ seien. Deutschland, meint Trittin, könnte sich ein ähnliches Koalitions-Modell „gar nicht leisten“.

Die Presse: Die linksgerichtete TAZ schreibt von Fremdscham bei den deutschen Grünen wegen des Koalitionsvertrages in Wien. Schämen Sie sich fremd?

Jürgen Trittin: Nein, überhaupt nicht, sondern wir freuen uns, dass Österreichs Grüne ihre Krise überwunden haben und dass es gelungen ist, den Vormarsch der Rechten ein Stück weit zurückzudrehen. Dass die FPÖ nicht mehr mitregiert, ist für Europa ein großer Schritt.

Haben Sie den türkis-grünen Koalitionsvertrag überflogen?
Ich habe sogar versucht, ihn ziemlich gründlich zu lesen.

Wie war die Lektüre?
Na ja, man muss die kulturellen Unterschiede zwischen Österreich und Deutschland sehen. Die Österreicher nennen die Deutschen ja nicht ganz zu Unrecht „Piefke“. Da steckt ein wahrer Kern drin.

Wie meinen Sie das?
Koalitionsvereinbarungen in Deutschland haben eine ganz andere Struktur. In Österreich werden die Aufgaben nur in Form von Bullet Points angerissen. Deutsche Parteien regeln in Koalitionsvereinbarungen alles möglichst präzise, zum Beispiel, wie hoch der CO2-Preis sein soll. Ich wäre deshalb sehr zurückhaltend, nun aus der Ferne zu sagen: Das ist alles Mist, was in Wien verhandelt wurde. Natürlich ist es das nicht. Die Grünen haben in den Kernbereichen Klimaschutz und Transparenz eine klare Agenda gesetzt. Da regiert ihnen auch niemand hinein. Es handelt sich aber um eine Komplementär-Regierung.

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