In Stockholm trifft sich der Hochadel zur "Traumhochzeit" der Kronprinzessin. Schaulustige wollen Südafrika-Stimmung verbreiten. Mehr als 2000 Journalisten berichten von dem Fest.
Bei der Hochzeit von Schwedens Kronprinzessin Victoria hat Susanne Adelcreutz einen Platz in der ersten Reihe. Aus dem Wohnzimmerfenster ihrer Altstadtwohnung hat sie den besten Blick auf das Domportal in Stockholms Storkyrka. Doch während der Zeremonie am Samstag ist sie gefangen in ihrem Haus: Von Mittag an darf sie die Wohnung nicht verlassen, bis die Kortege mit dem getrauten Paar den Domplatz verlassen hat. In jedem Treppenhaus rund um die Kirche achtet ein Polizist darauf, dass keine ungebetenen Gäste die Ordnung stören.
Sicherheit ist großgeschrieben rund um die Hochzeit von Victoria mit dem künftigen Prinz Daniel, zuvor Daniel Westling. 7000 Soldaten, Polizisten und Sicherheitsbeamte bewachen die sieben Kilometer lange Stadtrundfahrt der königlichen Kutsche, hunderttausende Jubelnde werden längs der Route erwartet. Internetblogger haben die Schaulustigen aufgefordert, Vuvuzelas mitzubringen, um den Hochzeitsmarsch mit Südafrika-Stimmung aufzumischen. Das will die Polizei nicht verbieten, das traditionelle Werfen mit Reis auf die Brautleute hingegen schon. „Wir können ja nicht wissen, was da geworfen wird“, sagt Polizeichef Tomas Hellgren.
Zwar betonen die Verantwortlichen, dass es „keinerlei Drohung“ gegen das Freudenfest gebe. Doch „Zwischenfälle gibt es immer“, weiß Hellgren, und so scheut man jedes Risiko. Schließlich ist die zur „Traumhochzeit“ erhobene Veranstaltung ein Stelldichein des Hochadels. „16 Königshäuser“ seien in Stockholm versammelt, jubeln die Medien, müssen aber, um diese Zahl zu erreichen, auch Fürstentümer und Ex-Monarchien wie Bulgarien, Rumänien oder Griechenland und sogar diverse Blaublütige aus Deutschland mitzählen. Nicht-royale Staatsoberhäupter sind nur von den nordischen Nachbarn Finnland und Island geladen.
Sie alle zählen zu den mehr als 400 Gästen, die nach der Hochzeit zum Galadiner ins Königsschloss strömen werden. Für die Bewirtung ist Stefano Catenacci verantwortlich, der nicht nur im berühmten Opernkeller kocht, sondern auch zu den engsten Freunden des Brautpaars zählt. Das Menü ist geheim, doch die Geschmacksproben sollen den Brautleuten gemundet haben, wie auch der Hochzeitskuchen, den sie anschneiden werden. Geheim ist auch das Brautkleid, auch wenn längst bekannt ist, dass es vom schwedischen Designer Pär Engsheden entworfen wurde. Von einer neun Meter langen Schleppe munkeln Insider.
In diesem Traum in Weiß wird Victoria an der Seite von König Carl Gustaf durch die Kirche schreiten. Doch nicht bis zum Altar. Dass sich die Kronprinzessin von ihrem Vater an ihren künftigen Mann „übergeben“ lassen wollte, hatte harsche Kritik von Frauenrechtlerinnen und von Traditionalisten ausgelöst, die meinen, dies sei eine aus den USA importierte Unsitte. Jetzt soll es, so heißt es inoffiziell, einen Kompromiss geben: Schon mitten im Kirchenschiff soll Daniel auf seine Auserwählte warten und sie dann selbst zum Traualtar führen, von zehn Brautjungfer-Knirpsen beiderlei Geschlechts geleitet. Vorn wartet Bischof Anders Wejryd. 1100 Gäste werden in der prächtig renovierten Storkyrka der historischen Zeremonie beiwohnen: Die Hochzeit einer Thronfolgerin gab es in Schwedens Geschichte noch nie.
25 ausländische Fernsehstationen berichten von dem Fest, 2315 Journalisten sind akkreditiert, 277 davon allein aus Deutschland, womit sie das weitaus größte nichtschwedische Kontingent stellen. In Schweden hingegen meinen jetzt 61 Prozent, dass ihnen die Berichte von der Hochzeit „zu viel“ seien.
AUF EINEN BLICK
■Hochzeit im TV: ORF2 überträgt die Hochzeit von Prinzessin Victoria und Daniel Westling rund neun Stunden lang live, von 9.05 bis 13 Uhr sowie von 13.10 bis 18.20 Uhr. Die Trauung ist für 15.30 Uhr angesetzt.
("Die Presse", Print-Ausgabe, 19.06.2010)
