Junge Forschung

Bewusst für die Uni entschieden

Martina Lindorfer hat unter anderem eine Sandbox-App entwickelt, die andere Apps in eine virtuelle Kiste sperrt, damit sie nicht auf private Daten zugreifen.
Martina Lindorfer hat unter anderem eine Sandbox-App entwickelt, die andere Apps in eine virtuelle Kiste sperrt, damit sie nicht auf private Daten zugreifen. (c) Akos Burg
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Die Informatikerin Martina Lindorfer durchleuchtet die Sicherheit von Smartphones und Apps: Wie kann man sie vor Angriffen bewahren und auch die Daten der Nutzer schützen?

Eigentlich war ich spät dran und habe erst mit 15 Jahren meinen ersten Computer bekommen“, sagt Martina Lindorfer, Assistenzprofessorin an der TU Wien. Damals in der HAK Linz war ein PC für das Fach Textverarbeitung nötig, und seitdem ist Lindorfer fasziniert von Informatik. An der FH Hagenberg studierte sie Computer- und Mediensicherheit – und ist seither daran gewöhnt, als Frau in der Minderheit zu sein. „Role Models gab es lange Zeit keine für mich. Aber ich bin relativ stur, und wenn mir jemand gesagt hat: ,Das kannst du nicht, das ist nichts für Mädchen‘, dann habe ich es erst recht probiert“, erzählt sie. Für den Master und die Dissertation, die Lindorfer sub auspiciis abgeschlossen hat, ging sie an die TU Wien, wo sie heute in der „Security and Privacy“-Gruppe ihr eigenes Team aufbaut.

„Bei der Entscheidung für eine wissenschaftliche Karriere haben mich vor allem meine Studentinnen bestärkt, die mir immer wieder mitgeteilt haben, wie wichtig es für sie ist, in dem Fach auch eine Forscherin zum Austausch zu haben“, sagt Lindorfer. Sie engagiert sich neben der Forschungstätigkeit stark in der Förderung junger Studierender und freut sich, dass sie jetzt als Frau Professor vielleicht ein Role Model für die nächste Generation an Informatikerinnen sein kann.

Erfolgreiche Frauen in der Technik

Im November 2019 erhielt Lindorfer den mit 10.000 Euro dotierten Hedy-Lamarr-Preis der Stadt Wien – gefördert vom Wissenschaftsfonds FWF, der Forschungsförderungsgesellschaft FFG und dem Wiener Technologiefonds WWTF – für besondere Leistung im Bereich moderner Informationstechnologien. „An der TU Wien habe ich in meinem Studium nichts über Hedy Lamarr gelernt, aber ich lese viel über erfolgreiche Frauen in der Technik und kannte sie daher“, erzählt Lindorfer.

Hedy Lamarr war eine österreichische Hollywood-Schauspielerin, die während des Zweiten Weltkriegs als Entwicklerin und Erfinderin für die Alliierten arbeitete. „Ohne sie würde es WLAN und Bluetooth, wie wir es heute kennen, wahrscheinlich nicht geben“, sagt Lindorfer. Daher ehrt sie der Preis besonders, denn ihre eigene Forschung fokussiert auf viele drahtlose Anwendungen.

Lindorfer arbeitet am Erkennen und Abwehren von Schadsoftware auf Smartphones und Tablets. Dazu entwickelte sie zum Beispiel eine „Sandbox“ für Android-Geräte: Dieser Modus sperrt andere Apps, die auf Daten des Smartphones zugreifen wollen, in eine „Kiste“ und schützt somit die Privatsphäre der Nutzer. „In unserer Forschung geht es um beide Seiten: dass man die Geräte und Apps vor Angriffen schützt, aber auch, dass man die Daten der Nutzer und ihre Privatsphäre sichert und die Datensammlung transparenter macht“, sagt Lindorfer. Während ihres Studiums machte sie viele Praktika im Ausland, war mehrere Monate in Korea an der Uni in Seoul, dann in Tokio und in Boston, USA. „Nach der Dissertation musste ich mir klar werden, ob ich in die industrielle Forschung möchte oder an der Uni bleiben will“, erzählt sie. Während zwei Forschungsjahren in Santa Barbara, an der University of California an der US-Ostküste, entschied sie sich für Letzteres. „Gerade als meine Zeit in Santa Barbara vorbei war, wurde die Assistenzprofessoren-Stelle an meiner Heimat-Uni ausgeschrieben. Ich wollte immer zurück nach Österreich und bin froh, die Gruppe hier mitaufzubauen.“

In ihrem aktuellsten Projekt, das vom WWTF gefördert wird, geht es um das Internet der Dinge, über das „smarte Geräte“ mit dem Handy gesteuert werden. „Wir wollen eine Testumgebung erschaffen, in der man die Apps zur Bedienung auf Schwachstellen prüfen kann, ohne dass man jedes smarte Gerät auf dem Markt ins Labor holen muss.“ Anwendungen wie Alexa oder Google Home werden also an der TU Wien durchleuchtet, ob sie anfällig für Hacker-Angriffe sind und im Hintergrund die Daten der Nutzer für Werbezwecke weitergeben.

Wenn Lindorfer sich nach all der Laborarbeit entspannen will, greift sie am liebsten zu einem Buch. „Mein Bücherregal ist die schönste Dekoration in meiner Wohnung.“

ZUR PERSON

Martina Lindorfer wurde 1984 in Linz geboren und studierte an der FH Hagenberg, bevor sie für Master und Dissertation an die TU Wien ging. Somit forscht sie seit 15 Jahren im Bereich der Datensicherheit und des Schutzes vor Schadsoftware, unter anderem in Seoul, Tokio, Boston und Kalifornien. Seit 2018 ist sie Assistenzprofessorin an der Fakultät für Informatik der TU Wien (Security and Privacy).

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("Die Presse", Print-Ausgabe, 11.01.2020)

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