Premier League

Ein 0:9-Debakel kann auch Mut machen

Ralph Hasenhüttl.
Ralph Hasenhüttl.(c) Action Images via Reuters (PETER CZIBORRA)
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Ralph Hasenhüttl trifft mit Southampton 78 Tage nach der höchsten Niederlage der Klubgeschichte wieder auf Leicester. Mit Überzeugung und System hat der Steirer den Tiefpunkt zum Neubeginn des Teams gemacht.

Leicester. Eine 0:9-Niederlage ist eine Demütigung für jede Fußball-mannschaft und eigentlich der Kündigungsbrief für den verantwortlichen Trainer. In Österreich weiß Herbert Prohaska davon ein Lied zu singen. Ein solches Debakel in Valencia beendete 1999 seine Karriere als ÖFB-Teamchef, da half selbst die Erfolgsgeschichte der erfolgreichen WM-Qualifikation im Jahr zuvor nicht mehr.

Ralph Hasenhüttl bezeichnet die 0:9-Niederlage mit Southampton gegen Leicester Ende Oktober als „einen Moment, den ich nie vergessen werde“. Im Gegensatz zu Prohaska blieb der Steirer trotz der höchsten Pleite in der 134-jährigen Klubgeschichte im Amt – und noch überraschender: Er schaffte am Tiefpunkt angekommen tatsächlich die Trendwende.

Die Zeichen sind andere, wenn Southampton heute (16 Uhr, live Sky) zur Revanche beim Tabellenzweiten Leicester antritt. Denn aus den jüngsten acht Spielen haben die Saints 16 Punkte geholt und sich einen Polster von fünf Zählern auf die Abstiegszone erarbeitet.

Schlüssel zum Erfolg ist der Wechsel zu jenem 4-2-2-2-System, mit dem Hasenhüttl schon bei RB Leipzig für Furore gesorgt hat. Für diese radikale wie mutige Umstellung wird er in England gefeiert. „Es war dieser Moment, in dem ich selbstkritisch sein und mir eingestehen musste, dass ich am falschen Weg war“, erzählte der 52-Jährige. Die Abkehr von der Dreierkette, die bis dahin in zehn Spielen 25 Gegentreffer kassiert hatte, war für Hasenhüttl der logische Schritt. Denn wenn eine immer tiefere Defensive die Stabilität nicht mehr erhöhe, bleibe nur die Flucht nach vorn, wie er erklärte: „Wenn jemand mutig sein muss, dann als erstes der Trainer. Die Spieler können dann folgen.“

Über Vision und Konzept tauschte sich Hasenhüttl mit dem Vorstand aus, mit dem Rücktritt habe er sich hingegen laut eigenem Bekunden „nie, niemals“ beschäftigt. „Ich habe nur überlegt, ob der Klub noch Vertrauen in mich hat“, erklärte er. An seiner persönlichen Zielsetzung gab es ohnehin keinen Zweifel. „Ich wollte beweisen, dass ich noch nicht am Ende meiner Ideen bin und das Blatt wenden kann.“

Bis das neue System griff, hatte Hasenhüttl allerdings noch drei Niederlagen zu überstehen. „Es geht darum, die Formation auf dem Platz zu leben und darin zu agieren“, erklärte der frühere Profi bei GAK, Austria und Salzburg. Nun seien Automatismen und die Überzeugung, das eigene Konzept durchzuziehen, zurück und damit auch der Erfolg. In der Vorbereitung auf Leicester thematisierte Hasenhüttl das bittere 0:9 vom Oktober dennoch. „Wir können das Ergebnis nicht ungeschehen machen, aber Energie daraus ziehen“, betonte er – und mit Blick auf das neue Selbstverständnis auf dem Platz: „Vielleicht müssen wir dankbar für diesen Abend sein, denn es war ein wichtiger für uns.“ (swi)

("Die Presse", Print-Ausgabe, 11.01.2020)

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